Wasserschloss Angern
Das Wasserschloss Angern wurde 1736 im Auftrag von Christoph Daniel v.d. Schulenburg von Friedrich August Fiedler im Rokoko-Stil erbaut und 1843 klassizistisch umformt. Die Ursprünge des Schlosses reichen bis ins Jahr 1341 zurück, als an dieser Stelle eine Wasserburg errichtet wurde.

Die Burganlage von Angern in der heutigen Altmark, Sachsen-Anhalt, stellt ein bemerkenswertes Beispiel für eine mittelalterliche Wasserburg im nördlichen Mitteleuropa dar. Ihre Geschichte spiegelt nicht nur die regionalen Machtverhältnisse vom 14. bis zum 17. Jahrhundert wider, sondern erlaubt auch wichtige Rückschlüsse auf die baugeschichtliche Entwicklung, funktionale Differenzierung und soziale Struktur adliger Herrschaft im ländlich geprägten Raum. Ziel dieser Untersuchung ist es, die architektonische Struktur, die Besitzgeschichte und die Nutzung der Burg bis zur Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg systematisch darzustellen und auf Basis historischer Quellen sowie bauarchäologischer Befunde zu rekonstruieren.

Hauptburg-Angern

Die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Burg Angern wurde bislang nur punktuell geleistet. Eine systematische bauhistorische Untersuchung liegt nicht vor. Allerdings erlauben überlieferte Lehnbriefe, Visitationsprotokolle, Dorfchroniken und erhaltene Baubefunde – wie Tonnengewölbe, Fundamentreste und Mauerzüge – eine weitreichende Rekonstruktion. Hinzu kommt die kartographische Evidenz, insbesondere die kolorierten Pläne des 18. Jahrhunderts und die digitale Bauaufnahme aus dem Jahr 2025, die topographische Zusammenhänge verdeutlichen.

Im Mittelpunkt der Untersuchung steht die Frage, wie sich die Anlage zwischen dem 14. und dem 17. Jahrhundert entwickelte, welchen Wandlungen sie unterlag und welche Elemente dauerhaft erhalten blieben oder transformiert wurden. Besonderes Augenmerk gilt dabei dem Verhältnis zwischen der Hauptburginsel, dem südlich vorgelagerten Wehrturm (Bergfried) auf eigener Insel und der festlandseitigen Vorburg. Dieses dreigliedrige System, wie es auch aus Anlagen in Kalbe (Milde), Ziesar oder Beetzendorf bekannt ist (vgl. Ziesemer 1994; Boockmann 2002), bildet die Grundlage der Funktionsgliederung.

Quellen wie die Dorfchronik von Angern (handschriftlich, 17. Jh.) sowie die Archivbestände des Landesarchivs Sachsen-Anhalt (Rep. H Angern Nr. 412) liefern wertvolle Einblicke in Eigentumsverhältnisse, Kriegsfolgen und die Wohnsituation nach der Zerstörung 1631. Bauhistorische Details – etwa die Schießscharte im erhaltenen Turmfundament oder die grün glasierten Kachelfragmente aus dem späten 15. Jahrhundert – ergänzen die Analyse der materiellen Kultur.

Diese Dokumentation verfolgt daher einen interdisziplinären Ansatz, der schriftliche Quellen, architekturhistorische Beobachtungen und vergleichende Burgenforschung zusammenführt. Ziel ist es, ein möglichst vollständiges Bild der Burg Angern bis zum Beginn des barocken Wiederaufbaus um 1650 zu zeichnen.

Quellen:

  • Dorfchronik Angern, Handschrift um 1650, Gutsarchiv Angern
  • Landesarchiv Sachsen-Anhalt, Rep. H Angern Nr. 412
  • Ziesemer, E.: Die mittelalterlichen Burgen der Altmark. Magdeburg 1994
  • Boockmann, H.: Die Burgen im deutschen Sprachraum. München 2002
Die Nutzung des ab 1738 neu errichteten Herrenhauses in Angern unter General Christoph Daniel von der Schulenburg lässt sich im Kontext des mitteldeutschen Landadels als exemplarisch für den funktionalen und repräsentativen Anspruch barocker Gutshausarchitektur einordnen. Analog zu anderen Adelsresidenzen dieser Zeit gliederte sich das Nutzungsschema in Wohnfunktion , administrative Nutzung , Repräsentation , Sammlungstätigkeit und symbolisch-dynastische Verankerung . Der Rundgang durch das Schloss Angern um 1750 zeigt eindrücklich, wie dieses Haus weit über seine unmittelbaren Wohn- und Verwaltungsfunktionen hinaus als architektonischer Ausdruck adeliger Identität diente. Die Räume fungierten als Träger von Macht, Bildung, Status und genealogischer Erinnerung – sorgfältig gegliedert in öffentliches Auftreten, persönliche Rückzugsräume und repräsentative Ordnung. Der Raum links neben dem Gartensaal um 1750
Die Burg Angern als Herrschafts- und Wehranlage stellt in ihrer historischen Entwicklung ein typisches Beispiel einer spätmittelalterlichen Wasserburg des niederen Adels im mitteldeutschen Raum dar. Ihre Entstehung unter Erzbischof Otto von Magdeburg im 14. Jahrhundert war eng mit den Machtinteressen des Erzstifts Magdeburg verbunden. Die Wahl des Standorts – auf einer inselartigen Erhebung inmitten der Elbniederung – folgte sowohl militärisch-strategischen als auch wirtschaftlich-topographischen Überlegungen. In unmittelbarer Nähe wichtiger Verkehrswege und Elbübergänge gelegen, diente die Burg der Kontrolle von Handelsrouten, der Sicherung regionaler Besitzverhältnisse und der symbolischen Machtdemonstration.
Das Wasserschloss Angern ist historisch gesehen eher ein Herrenhaus . Es wurde 1341 als Wasserburg auf zwei künstlichen Inseln mit einem siebenstöckigen Turm errichtet. 1631 wurde die Burg im Dreißigjährigen Krieg von kaiserlichen Truppen besetzt, durch die Schweden angegriffen und beim anschließenden Dorfbrand weitgehend zerstört. Die erhaltenen Tonnengewölbe, der Keller des Bergfrieds und Außenmauern der Hauptburg zeigen noch heute die Dimensionen der mittelalterlichen Anlage. Im Jahr 1650 fand in der ruinösen Burganlage eine Kirchenvisitation statt, bewohnt war zu dieser Zeit nur noch ein Teil.
Die bauliche Umgestaltung des Herrenhauses in Angern in den Jahren um 1843 markiert einen tiefgreifenden Wandel in der Nutzung und Raumordnung des Hauses. Unter den Nachfahren des Generals Christoph Daniel von der Schulenburg wurde das barocke Erscheinungsbild durch klassizistische Elemente überformt, die sich sowohl in der Fassadengestaltung als auch in der Raumgliederung widerspiegeln.Es dominierte eine hell verputzte Fassade und eine vereinfachte Tür- und Fensterrahmung. Diese Elemente spiegeln die Orientierung am Ideal der "edlen Einfachheit" wider, wie sie seit Winckelmann als Leitbild klassizistischer Baukunst galt. Dieser Umbau ist im Kontext der Adelsgeschichte des 19. Jahrhunderts als Ausdruck einer funktionalen Anpassung und bürgerlich geprägten Repräsentationskultur zu verstehen. Der Raum links neben dem Gartensaal um 1850
In jedem Jahrhundert erlebt die Familie von der Schulenburg und das Haus in Angern bedeutende Veränderungen, doch sie lassen sich nie entmutigen – immer wieder gelingt ein entschlossener Neuanfang gemäß dem Leitsatz "Halte fest was Dir vertraut". Bis 11. Jahrhundert , 12. Jahrhundert , 13. Jahrhundert , 14. Jahrhundert , 15. Jahrhundert , 16. Jahrhundert , 17. Jahrhundert , 18. Jahrhundert , 19. Jahrhundert , 20. Jahrhundert , 21. Jahrhundert .
Vom höfischen Tableau zur rationalisierten Wohnwelt: Die Wohn- und Funktionsräume des Schlosses Angern spiegeln in exemplarischer Weise den sozialen und kulturellen Wandel des Adels im langen 18. Jahrhundert wider. Zwischen dem Rokoko-inspirierten Repräsentationskonzept unter General Christoph Daniel von der Schulenburg (†1763), der verwaltungstechnisch durchrationalisierten Ordnung unter Friedrich Christoph Daniel (†1821) und dem klassizistischen Umbau unter Edo von der Schulenburg (ab 1841) lassen sich klare strukturelle und ästhetische Entwicklungslinien feststellen. Die verfügbaren Inventare von 1752 (Rep. H 76) und 1821 (Rep. H 79) sowie die bau- und kulturgeschichtliche Beschreibung um 1845 erlauben eine vergleichende Analyse der sich wandelnden Raumfunktionen.
Angern

Angern, Sachsen-Anhalt, Landkreis Börde. Heft 20, Berlin 2023 (ISBN: 978-3-910447-06-6).
Alexander Graf von der Schulenburg, Klaus-Henning von Krosigk, Sibylle Badstübner-Gröger.
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft e.V.
Umfang: 36 Seiten, 59 Abbildungen.