Wasserschloss Angern
Das Wasserschloss Angern wurde 1736 im Auftrag von Christoph Daniel v.d. Schulenburg von Friedrich August Fiedler im Rokoko-Stil erbaut und 1843 klassizistisch umformt. Die Ursprünge des Schlosses reichen bis ins Jahr 1341 zurück, als an dieser Stelle eine Wasserburg errichtet wurde.

Die Südseite der Hauptburg von Angern markiert in der spätmittelalterlichen Ausbaustufe einen der wehrtechnisch sensibelsten und zugleich baulich klar strukturierten Abschnitte der Anlage. Sie liegt der Turminsel zugewandt, von dieser durch einen etwa fünf Meter breiten Wassergraben getrennt. Diese klare Trennung diente der strategischen Aufteilung zwischen Verteidigung (Turm) und Verwaltung / Repräsentation (Hauptburg) und ermöglichte im Verteidigungsfall eine doppelte Kontrolle: Erst musste der Turm überwunden werden, dann die Brücke zur Hauptburg.

Topographie und Zugang

Der südliche Zugang zur Hauptburg erfolgte über eine schmale, erhöhte Holzbrücke, die vom erhöhten Eingang des Bergfrieds ausging und auf direktem Weg zur Türöffnung im ersten Obergeschoss der Südseite der Hauptburg führte. Diese Tür lag leicht zurückversetzt im Mauerwerk, vermutlich innerhalb eines kleinen Vorbaus oder Treppenturms. Der Zugang war dadurch nicht ebenerdig, sondern durch Höhenversatz zusätzlich gesichert.

Der Zugang im ersten Obergeschoss lässt erkennen, dass das Erdgeschoss der Südseite vollständig geschlossen oder nur durch Scharten durchbrochen war. Diese typische spätmittelalterliche Bauweise sollte das Eindringen erschweren und entsprach der Konzeption eines festungsartigen, nur kontrolliert betretbaren Baus.

Baustruktur und Nutzung

Die Südseite der Hauptburg war Teil eines viereckigen, fast quadratischen Burgkörpers, mit annähernd 40 × 40 Metern Grundfläche, vermutlich vollständig unterkellert. Die Südwand war massiv aus Bruchstein errichtet, wie die heute noch erhaltenen Sockel- und Gewölbereste nahelegen. Fensteröffnungen im Erdgeschoss fehlten größtenteils oder waren lediglich als Schlitzfenster (Licht- und Verteidigungsscharten) ausgeführt.

Das erste Obergeschoss der Südseite beherbergte vermutlich Nebenräume des Palas oder Wirtschafts- und Verwaltungsräume. Dort lagen vermutlich kleinere Kammern oder Räume, die über einen Flur mit dem östlichen Hauptflügel (Palas) verbunden waren. Aufgrund der Belichtungsarmut nach Süden – durch die direkte Nachbarschaft des Turms und die Enge des Grabens – waren hier nur kleinere, hochliegende Fensterachsen zu erwarten.

Militärisch-strategische Bedeutung

Die unmittelbare Nähe zur Turminsel verlieh der Südseite besondere strategische Relevanz:

Der Bergfried erhob sich nur fünf Meter entfernt, sodass ein Beschuss oder eine Beobachtung der Südwand unmittelbar möglich gewesen wäre. Diese Nähe wurde allerdings durch die Eigenständigkeit der Turminsel kompensiert – ein isolierter Vorposten, von dem aus Kommunikation mit der Hauptburg gezielt gesteuert werden konnte.

Die Südseite selbst war nicht repräsentativ gestaltet, sondern betont funktional und defensiv. Hinweise auf Zinnen, Wehrgänge oder Maschikulis auf der Südseite fehlen zwar in den erhaltenen Quellen, sind jedoch aufgrund der geringen Distanz zum Bergfried auch nicht notwendig gewesen: Der Schutz war durch die Staffelung von Graben, Turm und Brücke bereits gegeben.

Quellenbezug zur Zerstörung

Im Zuge der Kampfhandlungen von 1631 wurde auch die Südseite schwer beschädigt. Der umfassende Brand der Burganlage – nach dem Rückzug kaiserlicher Truppen – führte zur Aufgabe des alten Gebäudebestandes. In den späteren Quellen heißt es:

„Bei dem anschließenden Brand des Dorfes kommt auch die Burg zu Schaden. Einige Jahre hindurch befindet sich keine lebende Seele am Ort.“
(Publikation Angern 2022, S. 14–15)

In der Dorfchronik heißt es weiter:

„Ein größeres Wohnhaus scheint nicht vorhanden gewesen zu sein. Dafür werden aber die vier Keller und der alte Turm erwähnt.“
(Gutsarchiv, 1737/38) 

Diese Aussagen legen nahe, dass auch die tragenden Mauern der Südseite nicht mehr vollständig erhalten waren. Spätere barocke Bauphasen verlegten den Herrschaftsmittelpunkt auf die südlich vorgelagerte Turminsel, womit die Südseite der mittelalterlichen Hauptburg endgültig ihre Funktion verlor.

Fazit

Die Südseite der Hauptburg von Angern war im Mittelalter eine klar funktionale Verteidigungs- und Zugangsseite, die durch ihre massive Bauweise und die topographische Verbindung zum Wehrturm strategisch stark positioniert war. Sie diente dem kontrollierten Eintritt in die Hauptburg, war jedoch architektonisch zurückhaltend gestaltet. Ihre bauliche Bedeutung endete mit der Zerstörung der Burg 1631, nach der sie nicht wiederhergestellt wurde.

Die Nutzung des ab 1738 neu errichteten Herrenhauses in Angern unter General Christoph Daniel von der Schulenburg lässt sich im Kontext des mitteldeutschen Landadels als exemplarisch für den funktionalen und repräsentativen Anspruch barocker Gutshausarchitektur einordnen. Analog zu anderen Adelsresidenzen dieser Zeit gliederte sich das Nutzungsschema in Wohnfunktion , administrative Nutzung , Repräsentation , Sammlungstätigkeit und symbolisch-dynastische Verankerung . Der Rundgang durch das Schloss Angern um 1750 zeigt eindrücklich, wie dieses Haus weit über seine unmittelbaren Wohn- und Verwaltungsfunktionen hinaus als architektonischer Ausdruck adeliger Identität diente. Die Räume fungierten als Träger von Macht, Bildung, Status und genealogischer Erinnerung – sorgfältig gegliedert in öffentliches Auftreten, persönliche Rückzugsräume und repräsentative Ordnung. Der Raum links neben dem Gartensaal um 1750
Die Burg Angern als Herrschafts- und Wehranlage stellt in ihrer historischen Entwicklung ein typisches Beispiel einer spätmittelalterlichen Wasserburg des niederen Adels im mitteldeutschen Raum dar. Ihre Entstehung unter Erzbischof Otto von Magdeburg im 14. Jahrhundert war eng mit den Machtinteressen des Erzstifts Magdeburg verbunden. Die Wahl des Standorts – auf einer inselartigen Erhebung inmitten der Elbniederung – folgte sowohl militärisch-strategischen als auch wirtschaftlich-topographischen Überlegungen. In unmittelbarer Nähe wichtiger Verkehrswege und Elbübergänge gelegen, diente die Burg der Kontrolle von Handelsrouten, der Sicherung regionaler Besitzverhältnisse und der symbolischen Machtdemonstration.
Das Wasserschloss Angern ist historisch gesehen eher ein Herrenhaus . Es wurde 1341 als Wasserburg auf zwei künstlichen Inseln mit einem siebenstöckigen Turm errichtet. 1631 wurde die Burg im Dreißigjährigen Krieg von kaiserlichen Truppen besetzt, durch die Schweden angegriffen und beim anschließenden Dorfbrand weitgehend zerstört. Die erhaltenen Tonnengewölbe, der Keller des Bergfrieds und Außenmauern der Hauptburg zeigen noch heute die Dimensionen der mittelalterlichen Anlage. Im Jahr 1650 fand in der ruinösen Burganlage eine Kirchenvisitation statt, bewohnt war zu dieser Zeit nur noch ein Teil.
Die bauliche Umgestaltung des Herrenhauses in Angern in den Jahren um 1843 markiert einen tiefgreifenden Wandel in der Nutzung und Raumordnung des Hauses. Unter den Nachfahren des Generals Christoph Daniel von der Schulenburg wurde das barocke Erscheinungsbild durch klassizistische Elemente überformt, die sich sowohl in der Fassadengestaltung als auch in der Raumgliederung widerspiegeln.Es dominierte eine hell verputzte Fassade und eine vereinfachte Tür- und Fensterrahmung. Diese Elemente spiegeln die Orientierung am Ideal der "edlen Einfachheit" wider, wie sie seit Winckelmann als Leitbild klassizistischer Baukunst galt. Dieser Umbau ist im Kontext der Adelsgeschichte des 19. Jahrhunderts als Ausdruck einer funktionalen Anpassung und bürgerlich geprägten Repräsentationskultur zu verstehen. Der Raum links neben dem Gartensaal um 1850
In jedem Jahrhundert erlebt die Familie von der Schulenburg und das Haus in Angern bedeutende Veränderungen, doch sie lassen sich nie entmutigen – immer wieder gelingt ein entschlossener Neuanfang gemäß dem Leitsatz "Halte fest was Dir vertraut". Bis 11. Jahrhundert , 12. Jahrhundert , 13. Jahrhundert , 14. Jahrhundert , 15. Jahrhundert , 16. Jahrhundert , 17. Jahrhundert , 18. Jahrhundert , 19. Jahrhundert , 20. Jahrhundert , 21. Jahrhundert .
Vom höfischen Tableau zur rationalisierten Wohnwelt: Die Wohn- und Funktionsräume des Schlosses Angern spiegeln in exemplarischer Weise den sozialen und kulturellen Wandel des Adels im langen 18. Jahrhundert wider. Zwischen dem Rokoko-inspirierten Repräsentationskonzept unter General Christoph Daniel von der Schulenburg (†1763), der verwaltungstechnisch durchrationalisierten Ordnung unter Friedrich Christoph Daniel (†1821) und dem klassizistischen Umbau unter Edo von der Schulenburg (ab 1841) lassen sich klare strukturelle und ästhetische Entwicklungslinien feststellen. Die verfügbaren Inventare von 1752 (Rep. H 76) und 1821 (Rep. H 79) sowie die bau- und kulturgeschichtliche Beschreibung um 1845 erlauben eine vergleichende Analyse der sich wandelnden Raumfunktionen.
Angern

Angern, Sachsen-Anhalt, Landkreis Börde. Heft 20, Berlin 2023 (ISBN: 978-3-910447-06-6).
Alexander Graf von der Schulenburg, Klaus-Henning von Krosigk, Sibylle Badstübner-Gröger.
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft e.V.
Umfang: 36 Seiten, 59 Abbildungen.