Im 19. Jahrhundert wurde dieser Raum genutzt als Speisezimmer der Familie. Heute befindet sich dort eine Mietwohnung.
Der Raum im 18. Jahrhundert
Das General-Inventarium von 1752 (Rep. H Angern Nr. 76) dokumentiert den gesamten Bestand des Schlosses zu Angern und bietet wertvolle Einblicke in die reiche Ausstattung des Anwesens. Demnach war "das große Zimmer linker Hand (vom) Eingang des Saales" reich ausgestattet und wurde offenbar als Gästewohnung genutzt.
Dieses weitere Kabinett war laut dem Inventar von 1752 ein aufwendig gestalteter Raum, der mit 21 Bahnen gelber Brocadell-Tapeten ausgekleidet war. Im Zentrum des Raumes stand ein Bett à Pavillon, das in leuchtenden Farben – gelb, rot, grün und weiß gestreift – gehalten war und mit gelben Garnierungen sowie erzernen Sprugeln (eventuell dekorativen Metallbeschlägen oder Vorhanghalterungen) versehen wurde. Das Bettzeug bestand aus einer großen Matratze, einem rot-weiß gestreiften Parchen-Unterbett, zwei passenden Pfühlen, einem weiteren weißen Parchen-Unterbett, das mit Schwansdaunen gefüllt war, sowie einem gestreiften Leinen-Kopfkissen mit feinen Daunen. Ergänzt wurde die Schlafstätte durch einen Strohsack, alles mit der Inventarnummer 1 signiert.
Das Speisezimmer um 1920
Über dem Kamin hing ein Gemälde, das die mythologische Szene des Phaeton zeigt, wie er vom Himmel fällt. Die Szene des “Phaeton-Falls” war in der barocken und klassizistischen Kunst ein beliebtes Motiv, das oft dramatisch inszeniert wurde, mit Phaeton, der aus dem Himmel stürzt, umgeben von zuckenden Blitzen und den durchgehenden Sonnenpferden. Maler wie Peter Paul Rubens oder Johann Liss haben diesen Mythos eindrucksvoll dargestellt. Ein Gemälde über den stürzenden Phaeton in einem Kabinett würde somit eine symbolische Bedeutung haben, möglicherweise als Warnung vor Hybris (Übermut) und der Strafe für das Überschreiten von göttlichen Grenzen.
Zwei kunstvoll gemalte Surporten mit Landschaftsmotiven ergänzten die Wanddekoration. Zudem befanden sich im Raum zwei kunstvoll gerahmte ovale Spiegel, die durch ihre Reflektion das Licht spielerisch im Raum verteilten.
KI generierte Ansicht des Raums um 1752
Ein Pavillon-Bett (frz. lit à pavillon) ist eine besondere Form des Himmelbetts aus dem Barock und Rokoko. Im Gegensatz zum klassischen Himmelbett (lit à la duchesse), bei dem der Baldachin an der Wand oder Decke befestigt ist, zeichnet sich das Pavillon-Bett durch einen freistehenden Baldachin aus, der von vier Pfosten getragen wird und das gesamte Bett umschließt. Es erinnert in seiner Form an ein kleines Zelt oder einen Pavillon, daher der Name.
Die barocke Decke ist bis heute vollständig erhalten.
In dem angrenzenden kleinen Kabinett befand sich ein zusammenlegbares Bett für einen Domestiken sowie ein gelber Stuhl, der eine Comodité enthielt (hierbei handelt es ich wahrscheinlich um einen “Chaise Percée” oder “Stuhl mit Nachttopf”, auch “Commodenstuhl” genannt. Diese Stühle waren speziell für den Gebrauch als Toilettenstuhl konzipiert und verfügten über eine herausnehmbare Schüssel oder einen Topf, der diskret unter einer gepolsterten Sitzfläche verborgen war).