Burg Angern
Die um 1341 gegründete Burg Angern bewahrt in seltener Geschlossenheit die originale Bau-, Erschließungs- und Verteidigungsstruktur einer hochmittelalterlichen Wasserburg und nimmt damit eine herausragende Stellung innerhalb der norddeutschen Burgenlandschaft ein.

Die Burg Angern um 1350: Architektur und Aufbau einer mittelalterlichen Wasserburg in der Altmark. Die Burg Angern, errichtet um 1341 unter Erzbischof Otto von Magdeburg, stellt ein herausragendes Beispiel für den Typus der mittelalterlichen Wasserburg in der Altmark dar. Inmitten eines künstlich angelegten Wassergrabens erhoben sich die Hauptburg auf einer nördlichen Insel sowie der Bergfried auf einer südlichen Nebeninsel. Die hier dargestellte Rekonstruktion basiert auf archäologischen Restbefunden, historischen Quellen (Rep. H Angern Nr. 79; Dorfchronik Angern) und Vergleichen mit zeitgenössischen Anlagen wie Kalbe (Milde), Beetzendorf und Salzwedel.

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Lageplan der Burg Angern mit Hauptburg, Turminsel und Vorburg um 1350

Die Burg Angern zählt zu den vergleichsweise gut dokumentierten hochmittelalterlichen Wasserburgen Norddeutschlands. Ihre architektonische Substanz erlaubt – im Zusammenspiel mit archivalischen Quellen und Inventaren – eine außergewöhnlich detailreiche Rekonstruktion. Besonders auf der Turminsel sind zentrale Baustrukturen weitgehend erhalten: Der siebenstöckige Bergfried aus unregelmäßigem Bruchsteinmauerwerk verfügt noch heute über seine originale Schießscharte auf der Nordseite. Der Zugang ist über ein erhaltenes Tonnengewölbe im Nebengebäude erschlossen, dessen bauliche Verbindung zum Turm nachweisbar ist. Der gesamte Komplex besitzt eine klar gegliederte Raumstruktur mit Eingangsschleuse, Wirtschaftsräumen und einem funktional integrierten Brunnen im südlichen Gewölbebereich. Die Mauern des Palas Gewölbes bestehen aus opus mixtum mit gemauerten Ziegeln und grobem Kalkmörtel, typisch für den Baubestand um 1340. Zusätzlich sind Umwehrung, Brückenansätze und der ursprüngliche Verlauf des Wassergrabens bauarchäologisch nachvollziehbar. Im Vergleich zu anderen Burgen wie Ziesar oder Lenzen ist dieser Erhaltungszustand in seiner räumlichen und funktionalen Geschlossenheit nahezu einzigartig (vgl. Dehio Brandenburg 2000; Lütkens 2011).

Ursprung und Grundstruktur im Hochmittelalter

Die hochmittelalterliche Burg Angern entstand vermutlich in der Mitte des 14. Jahrhunderts, in einer Phase intensiven Burgenausbaus im mitteldeutschen Raum. Die Gesamtanlage gliederte sich in eine Hauptinsel mit dem Palas und eine separate, südlich vorgelagerte Turminsel mit dem Wehrturm. Beide Inseln waren durch Wassergräben klar voneinander getrennt und bildeten eigenständige funktionale Einheiten innerhalb des Gesamtburgsystems.

Die Wahl des Standorts für die Burg Angern folgte einer strategisch durchdachten Kombination aus topografischen, hydrologischen und politischen Kriterien. Die Anlage entstand in einer quellreichen Niederung (in den Quellen als Bruch bezeichnet), wo der tonige Untergrund eine dauerhafte Wasserhaltung des Grabens ermöglichte. Diese geologische Gegebenheit begünstigte den Bau einer Wasserburg mit erhöhter defensiver Wirksamkeit. Zugleich lag Angern an einem Übergangsraum zwischen der westelbischen Altmark und dem erzbischöflichen Einflussgebiet um Magdeburg – eine Position, die sowohl zur Sicherung regionaler Wegebeziehungen als auch zur symbolischen Behauptung landesherrlicher Ansprüche geeignet war. Der Standort erlaubte damit sowohl militärische Kontrolle als auch administrative Erreichbarkeit innerhalb des südaltmärkischen Territoriums.

Die Hauptinsel hatte eine annähernd quadratische Grundfläche von etwa 35 × 35 Metern und war von einem breiten Wassergraben umgeben. Der dort errichtete Palas erstreckte sich entlang der Ostseite und nahm eine zentrale Position innerhalb der Hauptinsel ein. Die Turminsel lag unmittelbar südlich gegenüber der Hauptinsel und war ursprünglich vermutlich kleiner als heute, möglicherweise etwa 20 × 20 Meter groß. Der heutige Eindruck einer gleich großen zweiten Insel (35 × 35 Meter) könnte auf spätere Aufschüttungen und Erweiterungen im Zuge der barocken Umgestaltung um 1745 zurückzuführen sein (vgl. Gutsarchiv Angern, Rep. H 79).

Struktur der Hauptinsel

Die Hauptinsel beherbergte den noch begehbaren Palas, der als zweigeschossiger Bau mit Wirtschaftsgewölben im Erdgeschoss und Wohn- und Repräsentationsräumen im Obergeschoss rekonstruiert werden kann. Die Ostseite der Hauptinsel wurde durch die massive Bruchsteinmauer des Palas gesichert, die zugleich Teil der äußeren Befestigung war. Kleinere Nebengebäude oder Wirtschaftsbauten könnten sich auf der West- und Nordseite der Hauptinsel befunden haben, doch sind archäologische Belege dafür bislang nicht gesichert. Die Hauptinsel war über eine Holzbrücke oder einen schmalen Damm aus Richtung Norden erreichbar und diente als Zentrum der Verwaltung, Repräsentation und des alltäglichen Wirtschaftsbetriebs.

Die Hauptburg besaß eine nahezu quadratische Grundfläche von ca. 35 × 35 Metern. Errichtet wurde sie ausschließlich aus naturbelassenem Feldsteinmauerwerk, das in unregelmäßiger Lagerung verarbeitet war. 

Die Hauptburg von Angern war im 14. Jahrhundert von einer etwa 1,2 bis 1,5 Meter starken Ringmauer aus 2 Schalen unregelmäßig gesetztem Feldstein (opus implectum) umgeben. Ihre ursprüngliche Höhe dürfte bei 6 bis 7 Metern gelegen haben, mit aufgesetztem hölzernem Wehrgang und einfachen Zinnen vermutlich bis zu 8 Metern. Entlang der Ostseite übernahm der Palas zugleich die Funktion der Außenmauer. Die am besten erhaltene Partie liegt im südlichen Bereich der Ringmauer und zeigt ein homogenes, unbeeinflusstes Bruchsteinmauerwerk. Die Ringmauer entspricht damit dem funktionalen Bautyp hochmittelalterlicher Wasserburgen in der Altmark, wie er auch in Kalbe oder Beetzendorf nachweisbar ist. Vergleichbare Ringmauern sind bei Burgen wie Kalbe (Milde) belegt, wo die Feldsteinmauer etwa 1,2 bis 1,4 Meter stark war und einen hölzernen Wehrgang trug¹. Auch Beetzendorf und Seehausen zeigen entsprechende Mauerstärken und reine Feldsteinbauten ohne dekorative Elemente².

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KI generierte Ansicht der Hauptburg der Burg Angern um 1350

Die West-, Nord- und Südseiten der Hauptburg waren durch die Feldstein-Ringmauer definiert, ergänzt um kleinere Fachwerk- oder Holzbauten, die vermutlich als Wirtschafts- und Lagergebäude dienten. Diese Bauweise ist für die Altmark des 14. Jahrhunderts vielfach nachgewiesen³.

Westseite:

  • Funktion: Reine Verteidigungsseite ohne größere Anbauten, Sicherung gegen Angriffe aus dem offenen Umland.
  • Bauweise: Massive Feldsteinmauer mit aufgesetztem hölzernem Wehrgang-Anbau und Schießscharten wahrscheinlich im Bereich des Tors
  • Gebäude: Möglicherweise kleine hölzerne Schuppen oder offene Unterstände.
  • Besonderheit: Voll verteidigungsfähig, aber architektonisch schlicht gehalten.

Südseite:

  • Funktion: Trennung und Verbindung zur südlichen Insel mit dem Bergfried.
  • Bauweise: Feldsteinmauer mit Wehrgang-Anbau im Bereich der Brückenanbindung.
  • Gebäude: Wahrscheinlich keine oder nur sehr kleine Anbauten.
  • Besonderheit: Ausgangspunkt der festen Zubrücke in das erste Obergeschoss des Bergfrieds.

Nordseite:

  • Funktion: Verteidung zur Dorfseite und Hauptzugang zur Hauptburg
  • Bauweise: Feldsteinmauer mit Wehrgang-Anbau im Bereich des Tors.
  • Gebäude: Kleinere Wirtschafts- oder Wachgebäude denkbar.
  • Besonderheit: Besonders stark befestigter Torbereich mit schwerem Holztor und innerer Verriegelung und Wehrgang-Anbau im Tor-Bereich sowie hölzerne Zugbrücke wohl an der Nord-West- oder West-Seite
  • Überliefertes Pforthäuschen aus Feldstein wohl auf Seite der Vorburg

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KI generiertes Wirtschaftsgebäude als Anbau an die Westmauer

Struktur der Turminsel

Die Turminsel war der militärische Rückzugsraum der Burg. Der Wehrturm mit etwa zehn mal zehn Metern Grundfläche und 7 Stockwerken und das daran angeschlossene Infrastrukturgebäude mit zwei Tonnengewölben bildeten ein autarkes Versorgungssystem aus Verteidigungsraum, Vorratslager und Brunnenversorgung. Die gesamte Insel war von einer einfachen Bruchsteinmauer umschlossen, die passiven Schutz bot, jedoch keinen Wehrgang oder Zinnen aufwies. Der Zugang zum Wehrturm erfolgte über eine Brücke oder einen Steg vom Palas her, wobei der Brückenkopf vermutlich im Bereich des ersten Obergeschosses lag, um einen unmittelbaren feindlichen Zugriff zu erschweren. Der Brunnen innerhalb der nördlichen Tonne sicherte die Wasserversorgung der Turmeinheit im Belagerungsfall. Kleinere hölzerne Wirtschaftsbauten könnten ebenfalls existiert haben, doch fehlen direkte archäologische Belege. Eine vermutete Zubrücke verband somit nicht nur den Palas mit dem befestigten Rückzugsraum des Wehrtrums, sondern stellte gemeinsam mit den Tonnengewölben ein zentrales Element der inneren Sicherheits- und Versorgungskonzeption der Gesamtanlage dar. Sie diente der Versorgung, Lagererschließung sowie als möglicher Rückzugsweg im Verteidigungsfall.

Das Pforthaus und der Zugang

Der Zugang zur Hauptburg erfolgte vermutlich südlich von der Turminsel über eine Brücke zwischen dem Wehrturm und dem Palas sowie nordwestlich über ein überliefertes kleines Pforthäuschen auf Seiten der Vorburg mit Brücke über den Wassergraben zur Nordwestseite der Hauptburg, das über eine feste Brücke mit der Vorburg verbunden war. Auch dieser Bau bestand im unteren Bereich aus Feldstein und trug einen leichten Fachwerkaufsatz mit einfachem Schindeldach. Das Tor selbst war vermutlich ein schweres hölzernes Flügeltor, das durch eiserne Beschläge gesichert war. Das Pforthaus war funktional ausgerichtet: Eine kleinere Wachstube könnte sich darüber befunden haben, jedoch ohne ausgeprägten Turmcharakter oder repräsentative Ausgestaltung. Vergleichbare einfache Pforthäuser existierten auch in Kalbe (Milde) und Beetzendorf.

Vergleichbare Anlagen

Ähnliche zweigeteilte Wasserburgen sind in der Region selten, jedoch existieren funktionale Parallelen:

  • Burg Ziesar (Brandenburg): Zweigeteilte Kernanlage mit Wohn- und Wehrbereich, getrennt durch Wasserläufe. Der Turm war ursprünglich nur über hochgelegte Brücken erreichbar (vgl. Dehio Brandenburg 2000, S. 11).
  • Burg Lenzen (Elbtalaue): Wasserumwehrte Kernburg mit zentralem Bergfried, klare Trennung zwischen Repräsentation und Verteidigung (vgl. Lütkens 2011).
  • Burg Beetzendorf (Altmarkkreis Salzwedel): Ähnliches Grundprinzip mit Palas und funktionalem Wehrbau, wenngleich hier die Verteidigungsfunktion schwächer ausgeprägt war (vgl. Bergner 1911). 

Angern unterscheidet sich durch die ungewöhnlich klare Insellösung und die starke funktionale Trennung, die ein frühes Beispiel für hochmittelalterliche Rationalisierung von Wehr- und Wohnbereichen bildet.

Fazit

Die Topologie der Burg Angern zeigt ein komplexes, durchdachtes System hochmittelalterlicher Wasserburgenarchitektur. Die bewusste Trennung von Hauptinsel (Palas und Wirtschaft) und Turminsel (Verteidigung und Überleben) spiegelt zentrale Aspekte der Wehrbautechnik des 14. Jahrhunderts. Die heutige Topographie wurde durch die barocke Umgestaltung im 18. Jahrhundert stark überprägt, doch lassen sich die Grundstrukturen der hochmittelalterlichen Anlage weiterhin präzise rekonstruieren. Angern stellt damit ein selten überliefertes Beispiel für ein vollständig funktionsgeteiltes, wasserumwehrtes Burgsystem der nördlichen Altmark dar.

Gesamtbewertung

Die Burg Angern vereinte typische Elemente einer Wasserburg des 14. Jahrhunderts: einen kompakten Grundriss, reine Feldsteinarchitektur, funktionale Verteidigungsanlagen und eine klare Trennung von Wohn- und Wirtschaftsbereichen. Ihre vergleichsweise schlichte Ausführung entsprach dem regionalen Baustil der Altmark und spiegelte die praktischen Erfordernisse eines niederen Adelsgeschlechts im Grenzraum zwischen Brandenburg und dem Erzbistum Magdeburg wider. Historische Quellen wie die das Gutsarchiv Angern sowie Parallelen zu Burg Beetzendorf, Kalbe (Milde) und Seehausen stützen diese Rekonstruktion.

Fussnoten

  1. Bergner, Heinrich: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Wolmirstedt. Halle a. d. S., 1911.
  2. Danneil, Johann Friedrich: Das Geschlecht der von der Schulenburg. Erster und Zweiter Band. Salzwedel, 1847.
  3. Denkmalverzeichnis Sachsen-Anhalt. Band 10.2 Ohrekreis (II): Altkreis Wolmirstedt. Hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt. Petersberg, 2001.
  4. Puhle, Matthias: Burgen in Sachsen-Anhalt. 2. Auflage. Halle (Saale), 1998.
Im 14. Jahrhundert war die Altmark Schauplatz konkurrierender Herrschaftsansprüche. Die Markgrafen von Brandenburg, das Erzbistum Magdeburg sowie einflussreiche Adelsfamilien wie die von Alvensleben und von Grieben rangen um Besitzrechte, Lehnsbindungen und lokale Machtstellungen. In diesem territorial instabilen Raum stellte die Gründung der Burg Angern eine gezielte Maßnahme der Erzdiözese Magdeburg dar, um ihren Einfluss militärisch abzusichern und administrativ zu konsolidieren. Die Errichtung einer Wasserburg mit deutlich ausgeprägter Wehr- und Wohnfunktion manifestierte die landesherrliche Präsenz vor Ort und fungierte zugleich als sichtbares Machtsymbol gegenüber konkurrierenden Adelsinteressen. Hauptburg Angern Palas, Ringmauer und Wehrgang um 1350
Die Besitzgeschichte der Burg Angern lässt sich ab dem 14. Jahrhundert anhand von Lehnbriefen, Pfandverträgen und erzbischöflichen Urkunden nachvollziehen. Die frühe Geschichte ist dabei durch häufige Besitzerwechsel und konkurrierende Lehnsverhältnisse geprägt, was auf die strategische Bedeutung der Anlage und den politischen Druck auf das Erzstift Magdeburg hinweist. Erstmals wird die Burg im Jahr 1343 als Besitz eines Gerlof von Brunhorcz erwähnt. Im Jahr 1363 erscheint Lüdecke von Grieben als Lehnsträger. Er war kein Angehöriger der hochadeligen Familie von Grieben, sondern ein Vasall, der deren Namen übernommen hatte – ein im Mittelalter verbreitetes Phänomen, um familiäre Zugehörigkeit oder Schutzverhältnisse zu demonstrieren. 1370 sind Lüdecke von Grieben und zwei Söhne des Ritters Jakob von Eichendorf gemeinsam mit Angern belehnt.
Dieser Rundgang durch die Burg Angern um das Jahr 1350 basiert auf einer sorgfältigen Rekonstruktion historischer Quellen, archäologischer Befunde und baugeschichtlicher Analysen. Alle Szenen, Räume und Details wurden unter Berücksichtigung realer Gegebenheiten der mittelalterlichen Anlage entwickelt – etwa der erhaltenen Tonnengewölbe, der typischen Bauweise von Palas, Bergfried und Wirtschaftsflügeln sowie Hinweise aus Inventaren und schriftlichen Überlieferungen. Ziel ist es, nicht nur die äußere Gestalt, sondern auch die Atmosphäre und Lebenswelt einer spätmittelalterlichen Burg erlebbar zu machen – so nah wie möglich an der historischen Realität, doch mit erzählerischer Tiefe. Die Bilder zeigen fotorealistische Rekonstruktionen der Burg Angern um 1350. Sie basieren auf archäologischen Befunden, historischen Quellen und vergleichbarer Bausubstanz – realitätsnah umgesetzt mit moderner KI-Technik.
Die Burg Angern im Kontext des hochmittelalterlichen Burgenbaus der Altmark. Die Burg Angern zählt zu den wenigen noch heute klar strukturell erfassbaren Beispielen hochmittelalterlicher Wasserburgen im nördlichen Sachsen-Anhalt. Errichtet vermutlich um 1340 unter dem Einfluss des Magdeburger Erzstifts, zeigt die Anlage eine außergewöhnlich gut erhaltene Grundstruktur, die sich aus drei funktional getrennten Inselbereichen zusammensetzt: Hauptburg mit Palas, südlich vorgelagerte Turminsel mit Wehrturm sowie die westlich angegliederte Vorburg mit wirtschaftlicher Nutzung. Die gezielte Gliederung in Verteidigung, Verwaltung und Versorgung veranschaulicht in exemplarischer Weise die Prinzipien rationalisierten Burgenbaus im Spätmittelalter. Ostansicht des Palas mit dem Wehrturm (KI Rekonstruktion)
Die Burg Angern um 1350: Architektur und Aufbau einer mittelalterlichen Wasserburg in der Altmark. Die Burg Angern, errichtet um 1341 unter Erzbischof Otto von Magdeburg, stellt ein herausragendes Beispiel für den Typus der mittelalterlichen Wasserburg in der Altmark dar. Inmitten eines künstlich angelegten Wassergrabens erhoben sich die Hauptburg auf einer nördlichen Insel sowie der Bergfried auf einer südlichen Nebeninsel. Die hier dargestellte Rekonstruktion basiert auf archäologischen Restbefunden, historischen Quellen (Rep. H Angern Nr. 79; Dorfchronik Angern) und Vergleichen mit zeitgenössischen Anlagen wie Kalbe (Milde), Beetzendorf und Salzwedel. Lageplan der Burg Angern mit Hauptburg, Turminsel und Vorburg um 1350
Die Burg Angern als exemplarische hochmittelalterliche Wasserburg in Norddeutschland. Die Burg Angern zählt zu den wenigen archäologisch und archivalisch gleichermaßen gut dokumentierten Beispielen hochmittelalterlicher Wasserburgen in der norddeutschen Tiefebene. Die um 1340 entstandene Anlage vereint in exemplarischer Weise militärische, wirtschaftliche und administrative Funktionen innerhalb eines klar gegliederten Burgsystems. Ihre topografische Konzeption – bestehend aus zwei künstlichen, bis heute erhaltenen Inseln inmitten eines umlaufenden Grabensystems – dokumentiert eindrucksvoll die strategischen und technischen Planungsprinzipien des Burgenbaus im mittleren 14. Jahrhundert. Zentrale Bestandteile der Gesamtanlage sind der massiv ausgeführte Wehrturm (Bergfried) auf der südlichen Insel, die Hauptburg mit dem zweigeschossigen Palas auf der nördlichen Insel sowie die südwestlich vorgelagerte Vorburg mit nachweislich wirtschaftlicher Funktion. Die bewusste funktionale Trennung von Verteidigungs- und Wirtschaftsbereich innerhalb eines geschlossen wasserumwehrten Areals folgt einem hochentwickelten, auf Autarkie und Resilienz im Belagerungsfall ausgerichteten Konzept. In ihrer baulichen Klarheit, der außergewöhnlich gut erhaltenen Geländestruktur und den dokumentierten Funktionszusammenhängen stellt die Burg Angern ein herausragendes Beispiel hochmittelalterlicher Burgplanung im Einflussbereich des Magdeburger Erzstifts dar. Ihre Erforschung bietet nicht nur neue Erkenntnisse zur Entwicklung des regionalen Niederungsburgenbaus, sondern auch zum administrativen und wehrarchitektonischen Selbstverständnis der adligen Grundherrschaft in der Altmark. Sie ist damit von überregionaler Bedeutung für die vergleichende Burgenarchäologie Mitteleuropas.
Die Vorburg der Burg Angern: Funktionsanalyse und historische Rekonstruktion unter der Annahme mittelalterlicher Vorgängermauern (ca. 1350). Die Vorburg der Burg Angern, wie sie auf einem barockzeitlichen Plan um 1760 dargestellt ist, weist eine markante rechteckige Struktur mit drei langgestreckten Wirtschaftsgebäuden und zwei freistehenden Bauten auf. Auf Grundlage architektonischer Analyse, funktionaler Einteilung sowie typologischer Vergleiche mit anderen mitteleuropäischen Burganlagen lässt sich begründet rekonstruieren, dass die barocken Gebäude auf der Struktur und dem Grundriss einer hochmittelalterlichen Vorburg basieren. Die folgenden Ausführungen widmen sich der Rekonstruktion dieser früheren Vorburg unter der Annahme eines Baubestandes aus der Zeit um 1350. Innenhof der Vorburg Angern mit Wirtschaftsgebäuden (KI-Rekonstruktion)
Die strategische Lage Angerns im Dreißigjährigen Krieg. Angern war zu Beginn des 17. Jahrhunderts Sitz eines ausgedehnten Lehngutes der Familie von der Schulenburg, gelegen an der Grenze zwischen dem Kurfürstentum Brandenburg und den geistlichen Territorien Halberstadt und Magdeburg. Die Burg war Teil eines befestigten Ensembles aus Hauptburg, Vorburg und Turminsel. Ihre Lage machte sie im Kontext konfessioneller Konflikte und durchziehender Heere zu einem militärisch sensiblen Ziel.
Angern

Angern, Sachsen-Anhalt, Landkreis Börde. Heft 20, Berlin 2023 (ISBN: 978-3-910447-06-6).
Alexander Graf von der Schulenburg, Klaus-Henning von Krosigk, Sibylle Badstübner-Gröger.
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft e.V.
Umfang: 36 Seiten, 59 Abbildungen.