Burg Angern
Die um 1340–1350 gegründete Burg Angern bewahrt in seltener Geschlossenheit die originale Bau-, Erschließungs- und Verteidigungsstruktur einer hochmittelalterlichen Wasserburg und nimmt damit eine herausragende Stellung innerhalb der norddeutschen Burgenlandschaft ein.

Die Besitzgeschichte der Burg Angern lässt sich ab dem 14. Jahrhundert anhand von Lehnbriefen, Pfandverträgen und erzbischöflichen Urkunden nachvollziehen. Die frühe Geschichte ist dabei durch häufige Besitzerwechsel und konkurrierende Lehnsverhältnisse geprägt, was auf die strategische Bedeutung der Anlage und den politischen Druck auf das Erzstift Magdeburg hinweist. Erstmals wird die Burg im Jahr 1343 als Besitz eines Gerlof von Brunhorcz erwähnt. Im Jahr 1363 erscheint Lüdecke von Grieben als Lehnsträger. Er war kein Angehöriger der hochadeligen Familie von Grieben, sondern ein Vasall, der deren Namen übernommen hatte – ein im Mittelalter verbreitetes Phänomen, um familiäre Zugehörigkeit oder Schutzverhältnisse zu demonstrieren. 1370 sind Lüdecke von Grieben und zwei Söhne des Ritters Jakob von Eichendorf gemeinsam mit Angern belehnt.

1381 wurde die Burg belagert, da der damalige Lehnsherr, Ritter Gebhard von Alvensleben, auch von Klötze genannt, durch Raubüberfälle auf einer wichtigen Handelsstraße Feinde unter den Magdeburger Bürgern fand. Nach kurzer Beschießung wurde die Burg für 400 Mark Silber an die Angreifer übergeben und später für 900 Mark zurückgekauft und integrierte sie erneut in das Lehnswesen des Erzstifts. In den folgenden Jahrzehnten wechselte die Burg mehrfach den Besitzer. 1448 wurde sie den Brüdern Busso, Bernhard und Matthias von der Schulenburg als männliches Lehen zugesprochen. Die Brüder teilten den Besitz auf, was zur Entstehung mehrerer Zweige der Familie führte. Busso erhielt das Gut Vergunst, während Bernhard und Matthias das Schloss gemeinsam bewohnten, jedoch separate Gutshöfe unterhielten. Im Laufe der Jahrhunderte ging der Besitz immer wieder auf verschiedene Mitglieder der Familie über.

In den folgenden Jahrzehnten wurde die Burg mehrfach verpfändet. 1391 wurde sie von Hermann von Standorf eingelöst. Bereits ein Jahr später, 1392, wurde sie an Henning von Rengerslage für 800 Böhmische Gulden verpfändet. 1403 löste Erzbischof Günter II. von Schwarzburg die Burg von den Gebrüdern Albrecht und Cuno von Rengerslage wieder ein. 1411 gelangte die Anlage als Pfand an Sander von Hermersdorf, der sie 1424 gegen 400 Rheinische Gulden an Margarethe und Diether von Zerbst sowie an die Gebrüder Ritter Bernhard und Werner von der Schulenburg übergab.

1448 wurde die Burg durch Lehnbrief des Erzbischofs Friedrich III. von Beichlingen endgültig an die Familie von der Schulenburg vergeben. Drei Söhne des Fritz (I) von der Schulenburg auf Beetzendorf – Busso, Bernhard und Matthias – wurden „zu rechtem männlichen Lehen“ mit der Anlage belehnt. Damit begann eine bis ins 17. Jahrhundert andauernde Phase kontinuierlichen Besitzes durch die Familie von der Schulenburg, die durch umfassende wirtschaftliche Nutzung, teilweisen Umbau und Integration in ein regionales Gutssystem geprägt war.

Während des Dreißigjährigen Krieges wurde die Burg mehrfach besetzt und erlitt erhebliche Schäden.

Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Burg mehrfach besetzt, geräumt und zerstört. 1631, nach der Belagerung und Zerstörung Magdeburgs, wurde die Burg von schwedischen Truppen angegriffen und in Brand gesetzt. Nach dem Krieg begann ein langsamer Wiederaufbau.

Der damalige Besitzer Henning III. von der Schulenburg (1587–1637) blieb bis zu seinem Tod vor Ort und beherbergte zeitweise auch seine Verwandten aus Altenhausen. Nach dem Krieg trat sein Sohn Heinrich XI. von der Schulenburg (1621–1691) das Erbe an. 1650 wurde die Kirchenvisitation im Haus Heinrichs von der Schulenburg abgehalten, was auf eine Wiederbewohnung des Schlosses hindeutet.  Die bauliche Situation war jedoch schwierig. Der alte Turm, der teilweise erhalten geblieben war, wurde als baufällig und reparaturanfällig beschrieben, sodass er in späteren Jahren nicht mehr genutzt wurde:

„Worinne zwar viel Zimmer erbauet, allenthalben aber derselbe absonderlich im Fundament sehr baufällig und viel zur Reparatur kosten möchte, auch dem Besitzer fast mehr schädlich als zuträglich“ (vgl. Dorfchronik Angern).

Quellen:

  • Dorfchronik Angern, Handschrift um 1650, Gutsarchiv Angern
  • Gutsarchiv Angern, Rep. H Angern Nr. 412
  • Ziesemer, Ernst: Die mittelalterlichen Burgen der Altmark. Magdeburg 1994
  • Boockmann, Hartmut: Die Burgen im deutschen Sprachraum. München 2002
  • Lehnsakten des Erzstifts Magdeburg, 14.–15. Jahrhundert
Im Nordosten der zweiten Insel erhob sich ein massiver, quadratischer Turm mit einer Grundfläche von 10 mal 10 Metern. Seine sieben Geschosse machten ihn zum dominanten Element der früheren Wehranlage. Die Höhenrekonstruktion des Bergfrieds der Burg Angern lässt sich auf Grundlage der bekannten Grundfläche von 10 × 10 Metern und der Überlieferung von sieben Stockwerken annähernd bestimmen. Typische hochmittelalterliche Bergfriede wiesen lichte Raumhöhen von etwa 3,0 bis 3,5 Metern auf, ergänzt um Decken- und Mauerstärken von circa 0,5 bis 0,7 Metern pro Geschoss. Daraus ergibt sich eine durchschnittliche Geschosshöhe von etwa 3,5 bis 4,0 Metern. Multipliziert mit sieben Etagen ergibt sich eine Turmhöhe von etwa 24,5 bis 28 Metern, zuzüglich der Höhenanteile für eine Wehrplatte, Brustwehr oder eventuelles Zeltdach. Somit dürfte der Bergfried von Angern eine Gesamthöhe von etwa 26 bis 30 Metern erreicht haben, vergleichbar mit anderen regionalen Anlagen wie dem Bergfried von Tangermünde oder Lenzen. Diese Rekonstruktion verdeutlicht die imposante Dominanz des Turmes innerhalb der Burganlage und seine zentrale Rolle im Verteidigungssystem. KI generierte Ansicht des Bergfrieds der Burg Angern ca. um 1600
Nach der Zerstörung der Burganlage von Angern im Dreißigjährigen Krieg – dokumentiert etwa 1631 durch den Einfall der Truppen Tillys – blieben nur Teile des Kellers der Vorburg und das Turmgewölbe sowie möglicherweise auch das Tonnengewölbe daneben erhalten. Aus diesen Resten entstand ab etwa 1650 ein schlichter Neubau, der baulich und funktional zwischen ruinöser Burg und barockem Schloss vermittelt. Die neue Wohnanlage umfasste drei Hauptbestandteile: das zweigeschossige Haupthaus, ein einstöckiges Nebengebäude und den dazwischenstehenden Rest des Turms. Letzterer war als solcher zwar funktionslos geworden, aber architektonisch in das Ensemble eingebunden und beherbergte immerhin noch ein bewohnbares Zimmer.
Die mittelalterliche Burg von Angern stellt ein bemerkenswertes Beispiel für die Kombination aus natürlicher Topographie und wehrarchitektonischer Anpassung dar. Grundlage der Analyse bilden topographische Befunde, schriftliche Überlieferungen sowie bauliche Relikte, die eine differenzierte Rekonstruktion der Gesamtanlage ermöglichen.
Die Burganlage von Angern in der heutigen Altmark (Sachsen-Anhalt) gehört zu den bedeutenden Wasserburgen der Altmark. Ihre Entwicklung lässt sich bis ins 14. Jahrhundert zurückverfolgen, als sie im Rahmen der hochmittelalterlichen Landesausbauprozesse errichtet wurde. Die Hauptburg entstand auf einer künstlich angelegten Insel innerhalb eines doppelten Wassergrabensystems. Von der ursprünglichen Anlage ist heute vor allem die Struktur des Geländes erhalten, während die bauliche Substanz größtenteils durch kriegerische Ereignisse wie die Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg (1631) sowie durch barocke Umbauten im 18. Jahrhundert überformt wurde. Palas, Innenhof und Bergfried der Burg Angern (KI generiert)
Im 14. Jahrhundert war die Altmark Schauplatz konkurrierender Herrschaftsansprüche. Die Markgrafen von Brandenburg, das Erzbistum Magdeburg und verschiedene Adelsfamilien wie die von Alvensleben und von Grieben rangen um Besitz, Lehensrechte und lokale Macht. Die Gründung der Burg in Angern diente der Erzdiözese Magdeburg zur militärischen Sicherung und verwaltungstechnischen Kontrolle ihrer südaltmärkischen Besitzungen. Die Anlage einer Wasserburg mit Wehr- und Wohnfunktion manifestierte die landesherrliche Präsenz in einem territorial instabilen Raum.
Die Burg Angern befand sich in der nordöstlichen Altmark, etwa 5 Kilometer westlich der Elbe, in einer feuchten Niederungslandschaft, die durch zahlreiche Altarme, sumpfige Wiesen und temporäre Überflutungsflächen geprägt war. Die Wahl dieses Standorts war sowohl durch defensive als auch durch infrastrukturelle Überlegungen motiviert. Die Anlage nutzte die natürlichen Gegebenheiten der Landschaft, um durch Wassergräben, Inselbildung und kontrollierte Wegeführung ein hohes Maß an Wehrhaftigkeit zu erzielen. Zugleich ermöglichte die Lage zwischen Magdeburg, Tangermünde, Rogätz und Wolmirstedt die Einbindung in überregionale Verkehrs- und Kommunikationsnetze.
Die Besitzgeschichte der Burg Angern lässt sich ab dem 14. Jahrhundert anhand von Lehnbriefen, Pfandverträgen und erzbischöflichen Urkunden nachvollziehen. Die frühe Geschichte ist dabei durch häufige Besitzerwechsel und konkurrierende Lehnsverhältnisse geprägt, was auf die strategische Bedeutung der Anlage und den politischen Druck auf das Erzstift Magdeburg hinweist. Erstmals wird die Burg im Jahr 1343 als Besitz eines Gerlof von Brunhorcz erwähnt. Im Jahr 1363 erscheint Lüdecke von Grieben als Lehnsträger. Er war kein Angehöriger der hochadeligen Familie von Grieben, sondern ein Vasall, der deren Namen übernommen hatte – ein im Mittelalter verbreitetes Phänomen, um familiäre Zugehörigkeit oder Schutzverhältnisse zu demonstrieren. 1370 sind Lüdecke von Grieben und zwei Söhne des Ritters Jakob von Eichendorf gemeinsam mit Angern belehnt.
Die bauliche Entwicklung der Burg Angern lässt sich in mehreren Phasen vom Hochmittelalter bis zur Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg nachzeichnen. Die Anlage vereinte typische Merkmale einer wasserumwehrten Adelsburg in der norddeutschen Tiefebene: Inselfestung, Verteidigungsstruktur, Wirtschaftseinheit und Repräsentationsort. Das zentrale Element war die vollständig von Wassergräben umgebene Hauptburginsel, ergänzt durch eine südlich vorgelagerte Turminsel und eine festlandseitige Vorburg.
Angern

Angern, Sachsen-Anhalt, Landkreis Börde. Heft 20, Berlin 2023 (ISBN: 978-3-910447-06-6).
Alexander Graf von der Schulenburg, Klaus-Henning von Krosigk, Sibylle Badstübner-Gröger.
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft e.V.
Umfang: 36 Seiten, 59 Abbildungen.