Sowohl im Rep H Angern Nr. 409 Blatt 15 dokumentierten Inventarium des um 1734 abgerissenen Hauses "über die Sachen, so von denen abzubrechenden Gebäuden verwahrlich aufzuheben sind" als auch im späteren Rep H 13, Nr. 76 "Generalinventarium der im Schloss Angern befindlichen Gegenstände" aus dem Jahr 1752 wird befindet sich ein besonders markanter Eintrag:
„des Herrn Generals Bettgestelle, samt dem völlig Überhang, in den dazugehörigen Kasten“.
Dieser Hinweis lässt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auf das persönliche Feldbett von Christoph Daniel von der Schulenburg beziehen – jenes Bett, das ihn während seiner langjährigen militärischen Karriere in savoyischen und sardinischen Diensten begleitete. Der Begriff Bettgestelle verweist auf ein demontierbares hölzernes Gestell, wie es für Offiziere im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert typisch war. Solche Feldbetten waren klappbar oder steckbar konstruiert, mit einer leichten, aber stabilen Rahmenstruktur (meist in X-Form oder als Steckrahmen mit Zapfverbindungen) und einer Bespannung aus Leinen, Tuch oder Gurtgeflecht. Sie ermöglichten einen raschen Auf- und Abbau und waren in einem eigenen Transportbehälter oder Kasten verpackbar – genau jener Kasten, der im Inventar explizit erwähnt wird.
Der Zusatz „samt dem völlig Überhang“ deutet auf eine vollständige textile Ausstattung hin, wie sie bei Feldbetten von Generalen mit gehobenem Stand üblich war. Dazu gehörten:
- ein Baldachin bzw. Himmel aus festem Stoff (oft Damast, Wolltuch oder Brokat),
- seitliche Vorhänge, die an vier Eckstangen befestigt waren und sowohl Privatsphäre als auch Schutz vor Kälte boten,
- dekorative Schabracken oder umlaufende Behangstreifen am unteren Rand,
- teils mit Quasten, Posamenten oder Fransen verziert – je nach Rang und finanziellen Mitteln des Besitzers.
Dieses Bett war somit nicht nur ein funktionales Reise- und Lagerbett, sondern ein mobiles Statussymbol, das Rang, Ordnung und Autonomie des Offiziers im Lager sichtbar machte. Der zugehörige Kasten diente nicht nur der Aufbewahrung des Gestells, sondern auch dem Schutz der empfindlichen Textilien während Transport und Einlagerung.
Bemerkenswert ist, dass Christoph Daniel das Bett nach seiner Rückkehr und dem Erwerb des Ritterguts Angern nicht aussonderte oder verkaufte, sondern im Altbau gezielt einlagerte. Aus dem Kontext des Inventars wird ersichtlich, dass dieses Bett nicht zum aktiven Alltagsgebrauch im Haus um 1650 gehörte, sondern für eine spätere Wiederverwendung aufbewahrt wurde – wohl im Hinblick auf den geplanten barocken Schlossneubau.
Als dieser Neubau ab 1735 realisiert wurde, fand das Feldbett offenbar erneut Verwendung: Hinweise im späteren Inventar dokumentieren, dass im Chambre de Monsieur – dem privaten Schlafzimmer im Appartment von Christoph Daniels im Hauptflügel – aufgestellt wurde. Dies lässt darauf schließen, dass der General selbst nach Fertigstellung des Schlosses weiterhin auf seinem alten Feldbett nächtigte – sei es aus persönlicher Bindung, praktischer Gewohnheit oder bewusstem Traditionsbewusstsein.
Das Feldbett steht damit nicht nur für militärische Disziplin und Mobilität, sondern auch für Kontinuität und Identität eines adligen Lebensstils, der den Übergang von Krieg zur Residenz in einem einzigen Objekt bewahrt. Als solches ist es ein herausragendes Beispiel für mobilbiografisches Mobiliar, das sowohl im Feldlager als auch in der festlichen Schlossarchitektur seinen Platz behielt.
Quellen
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Gutsarchiv Angern, Rep. H Nr. 409, Bl. 15
Inventarium über die Sachen, so von denen abzubrechenden Gebäuden verwahrlich aufzuheben sind, ca. 1734. Verzeichnis des Hausrats und der Ausstattung im Zusammenhang mit dem Abriss des älteren Wohnhauses auf der Turminsel.
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Gutsarchiv Angern, Rep. H 13, Nr. 76
Generalinventarium der im Schloss Angern befindlichen Gegenstände, 1752. Vollständige Erfassung des Mobiliars und der Ausstattung des barocken Schlosses nach Fertigstellung. Enthält den Vermerk zu Christoph Daniels Bettgestell mit Überhang