Die Burg Angern war eine wasserumwehrte Niederungsburg in der Altmark, bestehend aus einer Hauptinsel mit Wohn- und Wehrbauten, einer vorgelagerten Turminsel mit Bergfried und einer festländischen Vorburg mit Wirtschaftsgebäuden. Ihre strategische Lage unweit der Elbe verlieh ihr sowohl militärische Bedeutung als auch wirtschaftliche Funktion innerhalb des erzbischöflichen Machtbereichs Magdeburgs.
Die bauliche Entwicklung der Burg Angern lässt sich in mehreren Phasen vom Hochmittelalter bis zur Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg nachzeichnen. Die Anlage vereinte typische Merkmale einer wasserumwehrten Adelsburg in der norddeutschen Tiefebene: Inselfestung, Verteidigungsstruktur, Wirtschaftseinheit und Repräsentationsort. Das zentrale Element war die vollständig von Wassergräben umgebene Hauptburginsel, ergänzt durch eine südlich vorgelagerte Turminsel und eine festlandseitige Vorburg.
Die Besitzgeschichte der Burg Angern lässt sich ab dem 14. Jahrhundert anhand von Lehnbriefen, Pfandverträgen und erzbischöflichen Urkunden nachvollziehen. Die frühe Geschichte ist dabei durch häufige Besitzerwechsel und konkurrierende Lehnsverhältnisse geprägt, was auf die strategische Bedeutung der Anlage und den politischen Druck auf das Erzstift Magdeburg hinweist. Erstmals wird die Burg im Jahr 1343 als Besitz eines Gerlof von Brunhorcz erwähnt. Im Jahr 1363 erscheint Lüdecke von Grieben als Lehnsträger. Er war kein Angehöriger der hochadeligen Familie von Grieben, sondern ein Vasall, der deren Namen übernommen hatte – ein im Mittelalter verbreitetes Phänomen, um familiäre Zugehörigkeit oder Schutzverhältnisse zu demonstrieren. 1370 sind Lüdecke von Grieben und zwei Söhne des Ritters Jakob von Eichendorf gemeinsam mit Angern belehnt.
Die mittelalterliche Burg von Angern stellt ein bemerkenswertes Beispiel für die Kombination aus natürlicher Topographie und wehrarchitektonischer Anpassung dar. Grundlage der Analyse bilden topographische Befunde, schriftliche Überlieferungen sowie bauliche Relikte, die eine differenzierte Rekonstruktion der Gesamtanlage ermöglichen.
Funktion, Bauweise und Erhaltungszustand. Das sogenannte Pforthäuschen der Burg Angern nimmt in der architektonischen Struktur und historischen Überlieferung der Anlage eine besondere Stellung ein. Als Übergang zwischen der festlandseitigen Vorburg und der wasserumwehrten Hauptburginsel war es nicht nur ein architektonisches Bindeglied, sondern auch ein funktionales Kontrollzentrum und ein Symbol der herrschaftlichen Ordnung. Der Begriff "Pforthäuschen" bezeichnet in der mittelalterlichen Burgenkunde in der Regel einen kleineren Torbau, der nicht die Funktion eines Großtores mit Zwingeranlage, sondern eines seitlichen oder vorgelagerten Wach- und Kontrollpunkts übernimmt. In Angern war das Pforthäuschen am äußeren Ende der Zugbrücke auf der Hauptinsel angesiedelt. Es kontrollierte den Zugang zur Inselburg, die durch einen Wassergraben vom festländischen Vorbereich getrennt war.
Im Zentrum der zweiten Insel erhob sich ein massiver, quadratischer Turm mit einer Grundfläche von ca. acht mal acht Metern. Seine sieben Geschosse machten ihn zum dominanten Element der früheren Wehranlage. Die Mauerstärken betrugen im Sockelgeschoss rund 1,5 Meter, die Gesamthöhe kann auf etwa 22 Meter geschätzt werden. Der Turm, ursprünglich als Bergfried konzipiert, wurde nach dem Dreißigjährigen Krieg in die Wohnfunktion überführt: Ein bewohnbares Zimmer im oberen Bereich ist für das späte 17. Jahrhundert belegt (vgl. Publikation Angern, S. 5). Die Erschließung erfolgte zunächst vermutlich über das erste Obergeschoss mittels Holztreppe oder Steg.
KI generierte Ansicht des Bergfrieds der Burg Angern ca. um 1600
Nach der Zerstörung der Burganlage von Angern im Dreißigjährigen Krieg – dokumentiert etwa 1631 durch den Einfall der Truppen Tillys – blieben nur Teile des Kellers der Vorburg und das Turmgewölbe sowie möglicherweise auch das Tonnengewölbe daneben erhalten. Aus diesen Resten entstand ab etwa 1650 ein schlichter Neubau, der baulich und funktional zwischen ruinöser Burg und barockem Schloss vermittelt. Die neue Wohnanlage umfasste drei Hauptbestandteile: das zweigeschossige Haupthaus, ein einstöckiges Nebengebäude und den dazwischenstehenden Rest des Turms. Letzterer war als solcher zwar funktionslos geworden, aber architektonisch in das Ensemble eingebunden und beherbergte immerhin noch ein bewohnbares Zimmer.