Schulenburg Familie in Angern

Das Geschlecht derer von der Schulenburg ist eines der ältesten Adelsgeschlechter Deutschlands, dessen Wurzeln bis ins 13. Jahrhundert zurückreichen.

Verwaltung, Bauaufsicht und Gerichtsbarkeit auf dem Rittergut Angern (1735–1740er Jahre). Die Errichtung des barocken Herrenhauses in Angern unter Christoph Daniel von der Schulenburg zwischen 1735 und 1752 war nicht nur ein architektonisch und finanziell aufwendiges Projekt, sondern auch verwaltungstechnisch hochkomplex. Eine zentrale Figur dieser Aufbauphase war Oberamtmann Croon, der als Sekretär und leitender Verwaltungsbeamter in vielfacher Hinsicht die organisatorische und juristische Infrastruktur des Gutsbetriebs prägte.

Bereits im April 1735 erscheint Croon in der Einnahmenbilanz des Gutsarchivs als Empfänger eines Kapitalzuflusses in Höhe von 3.000 Talern – eine ungewöhnlich hohe Einzelzahlung, die auf seine Funktion als Verbindungsperson bei der treuhänderischen Entgegennahme und Verwaltung größerer Geldtransfers hinweist.¹ Diese Mittel stammen vermutlich aus Christoph Daniels Rücklagen im Ausland, insbesondere aus Turin, wo der Bauherr zuvor im Dienst des Königs von Sardinien gestanden hatte.² Croons Verantwortung reichte jedoch weit über buchhalterische Aufgaben hinaus: Spätestens ab 1737, nach der Entlassung des Landbaumeisters Fiedler wegen gravierender Planungsmängel, übernahm Croon die Aufsicht über sämtliche Bauarbeiten und Ausgaben.³ Damit fungierte er de facto als Bauleiter, Finanzverwalter und Gutskommissar in einer Person, eine Mehrfachfunktion, wie sie im frühneuzeitlichen Gutswesen nur durch höchste Vertrauensstellung und umfassende Kompetenz möglich war.

Ab 1738 trat Croon mit einem umfangreichen Reformprogramm an Christoph Daniel von der Schulenburg heran. In einem ausführlichen Vorschlag forderte er nicht nur die grundlegende Reorganisation der Verwaltung und Gerichtsbarkeit, sondern bot auch seine Dienste als Justitiar vor Ort an. Dabei versprach er, auf ein festes Gehalt zu verzichten und dafür das gesamte Archivwesen, die juristische Konsolidierung und die laufenden Verhandlungen selbst zu übernehmen. Die Quelle Rep. H Angern Nr. 336, No. 7, erstellt am 22. Januar 1738, enthält einen wichtigen Eintrag im Zusammenhang mit Croons Tätigkeit und seiner Funktion als Finanz- und Verwaltungsberater Christoph Daniel von der Schulenburgs. Der betreffende Abschnitt liefert den Beleg für Croons schriftlich formulierten Vorschlag, in dem er ausdrücklich anbot, auf ein festes Gehalt zu verzichten und sich stattdessen über die Einsparung externer Kosten für Juristen, Advokaten und Syndici „zu amortisieren“. Er verpflichtete sich, sämtliche juristischen und administrativen Aufgaben selbst zu übernehmen und versprach zugleich, für das gebundene Kapital des Gutsherrn eine jährliche Rendite von vier Prozent zu erwirtschaften. Seine Vergütung beruhte somit nicht auf einem festen Amtssold, sondern auf einem leistungsgestützten Vertrauensverhältnis und dem Versprechen administrativer Effizienz. Dieses Modell steht exemplarisch für den Übergang von feudaler Patronage zu rationalisierter Gutsverwaltung im aufgeklärten 18. Jahrhundert. In den Folgejahren avancierte Croon zur wichtigsten zivilen Führungskraft auf dem Gut Angern-Vergunst.

Seine Stellung spiegelt sich auch in seinem Titel wider: Die Bezeichnung „Oberamtmann“ verweist auf eine übergeordnete Position gegenüber einfachen Amtleuten wie Heinrichs, der 1735 letztmals als Verwalter erscheint.⁴ Die gelegentliche Anrede „Monsieur Croon“ lässt zudem auf eine gehobene Bildung oder französisch-hugenottische Herkunft schließen – beides Charakteristika, die im brandenburgisch-preußischen Dienstadel des 18. Jahrhunderts durchaus verbreitet waren.

Croon als Architekt des Gutsankaufs und Verwaltungsreformers

Die zentrale Rolle eines Vertrauten im Dienste Christoph Daniel von der Schulenburgs. Croon nahm in den Jahren 1737 bis 1739 gemäß Rep. H Angern Nr. 336 eine zentrale Rolle beim Erwerb und der Verwaltung des Ritterguts Angern-Vergunst durch Christoph Daniel von der Schulenburg ein. Seine Tätigkeit ging dabei weit über die eines bloßen Sekretärs hinaus. Vielmehr erscheint er als eigentlicher Architekt der Transaktion und als Schlüsselakteur bei der anschließenden administrativen und infrastrukturellen Neuordnung des Guts. In der überlieferten Korrespondenz aus Rep. H Angern Nr. 336 wird deutlich, dass Croon als persönlicher Bevollmächtigter des abwesenden Gutsherrn nahezu jede Phase des Ankaufs und der wirtschaftlichen Konsolidierung koordinierte, bewertete und letztlich selbstständig gestaltete.

Bereits zu Beginn der Verhandlungen übernahm Croon die Initiative, indem er mit verschiedenen Vermittlern und Verwandten des Verkäufers Kontakt aufnahm, unter anderem mit dem Amtmann Lademann, dem Syndikus Meise und dem Generalmajor Adolf Friedrich von der Schulenburg, der das Gut zu veräußern beabsichtigte. Er organisierte nicht nur die Konferenzen, sondern analysierte strategisch die Stimmungslage auf Verkäuferseite, bewertete wirtschaftliche Interessen und nutzte diese Informationen gezielt, um die Verhandlungsposition seines Prinzipals zu stärken. Dabei behielt er stets den Gesamtzusammenhang des Schulenburgschen Besitzes im Blick, der durch den Kauf von Vergunst nicht nur erweitert, sondern auch juristisch konsolidiert werden sollte.

Ein besonderes Verdienst Croons lag in der Bewältigung der äußerst komplizierten Finanztransaktionen, die notwendig waren, um die Kaufsumme von 50.000 Talern aufzubringen. Da sich Christoph Daniel in Turin aufhielt und seine Einkünfte überwiegend aus dem Ausland stammten, mussten die Gelder über Venedig und Leipzig nach Magdeburg transferiert werden. Croon koordinierte diesen Vorgang mit einer beeindruckenden Präzision: Er beaufsichtigte die Übergabe der Mittel in versiegelten Beuteln, ließ sie in Fässer verpacken und sorgte für die rechtssichere Quittierung durch den Empfänger, trotz der Unstimmigkeiten über Ort und Modalität der Übergabe zwischen dem Notar Tissot und dem Amtmann Lademann.

Mit dem Abschluss des Kaufs wandelte sich Croons Funktion zunehmend in die eines politischen und wirtschaftlichen Verwalters. Er ließ sich offiziell als Gerichtshalter bestätigen, übernahm die Leitung der lokalen Gerichtsbarkeit und sorgte für die Huldigung der Untertanen. Dabei trat er mit großer Selbstverständlichkeit als Vertreter der neuen Grundherrschaft auf und setzte gegenüber dem bisherigen Syndikus Meise klare Grenzen, was Kompetenzen und Einfluss betraf. Auch die Pachtverhältnisse wurden unter seiner Leitung vollständig neu strukturiert. Obwohl andere Interessenten wie der Regierungsrat Teller höhere Pachtgebote abgaben, entschied sich Croon bewusst für Amtmann Heinrichs, dessen landwirtschaftliche Fähigkeiten, Ehrlichkeit und Beliebtheit bei der Bevölkerung er als weitaus verlässlicher einschätzte.

Croon war nicht nur als juristischer und wirtschaftlicher Organisator aktiv, sondern auch als Bauleiter und technischer Aufseher. Nachdem der Landbaumeister Fiedler wegen Unregelmäßigkeiten entlassen worden war, übernahm er selbst die Kontrolle über sämtliche Baumaßnahmen. Dazu gehörten die Errichtung und Instandhaltung von Wirtschaftsgebäuden, die Anlage von Gräben und Wegen, die Rodung unproduktiver Waldstücke sowie die Neuvermessung des Guts. Mit besonderem Engagement widmete er sich der Melioration des durch Staunässe gefährdeten Bodens und entwickelte konkrete Vorschläge zur wirtschaftlichen Nutzbarmachung von bis dahin vernachlässigten Flächen. Auch die Kontrolle der Holzwirtschaft, die Pachtbedingungen der Teiche, die Regulierung der Fischerei und die Sicherung der Jagdrechte wurden unter seiner Federführung neu geordnet.

In all diesen Tätigkeiten tritt Croon als ein Musterbeispiel für den rational agierenden, aufgeklärten Verwaltungsbeamten im Dienste eines hochadligen Gutsbesitzers hervor. Er handelte in fast allen Belangen im Namen und im Interesse seines Prinzipals, verfügte jedoch zugleich über weitreichende Entscheidungsfreiheit, die er mit bemerkenswerter Umsicht und Loyalität nutzte. Sein Handeln war geprägt von einem feinen Gespür für ökonomische Effizienz, für rechtliche Ordnung und für politische Opportunität. Ohne seine Präsenz und Kompetenz wäre die komplexe Transaktion des Gutskaufs und die anschließende wirtschaftliche Restrukturierung kaum in dieser Form möglich gewesen. Croon war somit nicht bloß ein Berichterstatter, sondern der eigentliche Vollstrecker der politischen und ökonomischen Interessen Christoph Daniels vor Ort.

Als Oberamtmann und juristischer Verwalter Christoph Daniel von der Schulenburgs war Croon mit einem komplexen Aufgabenprofil betraut, das von der Abnahme von Kirchenrechnungen („in Angern […] und in Bülitz“) über die Leitung von Gerichtstagen bis hin zur Organisation von Schulpflicht und Besoldung der Kantoren reichte (Gutsarchiv Angern REP-H-Nr-412, Nr. 21). Gleichzeitig verdichteten sich um ihn juristische Auseinandersetzungen, die er – trotz aller Bemühungen um „Behutsamkeit“ – nicht vermeiden konnte. Besonders brisant war der Fall gegen den Geheimrat zu Ütz, der einen Delinquenten hinrichten ließ, aber den zur Angerschen Scharfrichterei gehörigen Scharfrichter nicht akzeptierte – ein Affront gegen lokal geltendes Recht, der Croon zum Eingreifen bei der preußischen Regierung nötigte. Der zweite Konflikt betraf die Familie von Alvensleben in Rogätz, deren Amtmann Giesecke beim Fischfang auf Angerschem Grund eigenmächtig vorging. Beide Fälle zeigen exemplarisch, wie fragil die Durchsetzung von Herrschaftsrechten in einem Raum war, in dem unterschiedliche Adelsinteressen, jurisdiktionelle Grenzen und traditionelle Gewohnheitsrechte unübersichtlich ineinandergriffen. Gleichzeitig unterstreicht Croons Klage über eine verweigerte Kautionszahlung seine strukturell schwache Stellung: Er wurde mit Aufgaben betraut, deren Risiken er tragen musste, ohne über die nötigen finanziellen Mittel oder die volle Rückendeckung seines Prinzipals zu verfügen.

Patrimonialgericht

Croons zentrale Rolle beschränkte sich nicht auf ökonomisch-administrative Bereiche. In mehreren Verfahren, die im Gutsarchiv Angern überliefert sind, wird er auch als Akteur der Patrimonialgerichtsbarkeit genannt. So taucht sein Name in den Jahren um 1740 in Akten der Auseinandersetzungen zwischen der Gemeinde Angern und dem Gutsherrn wiederholt auf – teils in Zusammenhang mit Beschwerden über seine Amtshandlungen.⁵ Als Oberamtmann war er demnach auch mit der Ausübung der niedergerichtlichen Gerichtsbarkeit und der Aufsicht über die Untertanen befasst – Funktionen, die im frühabsolutistischen Gutssystem eng mit der wirtschaftlichen Steuerung verzahnt waren.

Ein aufschlussreicher Hinweis auf die juristisch-finanzielle Tätigkeit von Oberamtmann Croon findet sich in einer Akte des Landeshauptarchivs Magdeburg aus dem Jahr 1762 (Signatur: 78 VI Magdeburg 106), in der er als Antragsteller einer Prolongation – also der Verlängerung – einer von der Magdeburger Regierung konfirmierten Obligation über 4.000 Reichstaler erscheint. Die Schuldverschreibung war ursprünglich vom Haus Hessen-Homburg auf das Amt Hötensleben ausgestellt worden, ein Gebiet, das lehnsrechtlich der Kurie in Berlin unterstand. Auch wenn der Vorgang nicht unmittelbar Christoph Daniel von der Schulenburg zuzuordnen ist, belegt die Quelle Croons eigenständige Rolle in einem überregionalen, rechtlich anspruchsvollen Kreditverfahren. Sie zeigt, dass er spätestens in den 1750er Jahren über die Kompetenzen und das Ansehen verfügte, um in Fragen der Lehnskonfirmation, Obligationenverwaltung und behördlichen Abstimmung zwischen verschiedenen Territorien eigenverantwortlich aufzutreten – sei es als Vertreter eines Dritten oder als Gläubiger in eigener Sache.

Die Figur des Oberamtmanns Croon steht damit exemplarisch für die Verbindung von technischer Kompetenz, wirtschaftlicher Vertrauensstellung und jurisdiktionaler Autorität, wie sie in der Adelsverwaltung des 18. Jahrhunderts zunehmend professionell institutionalisiert wurde. Croons Wirken zeigt, wie stark der Erfolg eines adeligen Großprojekts wie dem Schlossbau in Angern nicht nur vom Willen des Bauherrn, sondern von der leistungsfähigen Verwaltung und personellen Infrastruktur des Gutsbetriebs abhing.

Zwischen Standesethos und Staatsreglement

Der Croon-Bericht als Spiegel der preußischen Verwaltungsveränderung in den 1730er Jahren: Der Bericht des juristischen Bevollmächtigten Croon an Christoph Daniel von der Schulenburg aus dem Jahr 1737 (Gutsarchiv Angern REP-H-Nr-412, Nr. 20) ist ein aufschlussreiches Dokument über die innere Verfassung des preußischen Justiz- und Verwaltungswesens zur Zeit Friedrich Wilhelms I. In einem Ton, der zwischen Loyalität, Klage und resigniertem Realitätssinn changiert, schildert Croon nicht nur die praktischen Schwierigkeiten seiner Amtsausübung, sondern auch die strukturelle Transformation der preußischen Gesellschaft unter dem Einfluss eines zentralisierten, militärisch durchformten Staatsmodells.

Die Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. (1713–1740) war geprägt von einer massiven Reorganisation des Staates entlang fiskalischer, militärischer und disziplinarischer Prinzipien. Mit der Errichtung des Generaldirektoriums (1723) wurden Finanz-, Militär- und Verwaltungsfunktionen zusammengeführt, lokale Zuständigkeiten beschnitten und die Justiz zunehmend einer einheitlichen Kontrolle unterstellt【1】. Ziel war die Ersetzung der vielfach informell geregelten, von persönlicher Patronage geprägten Verwaltungspraxis durch einen zentral gelenkten und funktional differenzierten Beamtenapparat【2】. Gerade in den Provinzen, wo adelige Grundherren wie Schulenburg bislang weitgehend autonome Herrschaft ausübten, griffen diese Reformen tief in bestehende Macht- und Vertrauensverhältnisse ein【3】.

Ein zentrales Ziel war die Eindämmung von Korruption und die stärkere Kontrolle über staatliche Amtsausübung. In diesem Zuge wurden die sogenannten Sporteln – also Gebühren, die Justizbeamte und Advokaten für einzelne Amtshandlungen erheben durften – stark eingeschränkt oder ganz verboten. Zugleich reduzierte man gezielt die Zahl der zugelassenen Advokaten, vor allem in den Provinzen, um die Justiz zu straffen und von vermeintlicher Rechtsverdrehung zu befreien. Hinzu kam das Verbot freier Honorare: Beamte durften keine zusätzlichen Zahlungen mehr annehmen, selbst wenn diese freiwillig waren. Stattdessen sollte jede Amtstätigkeit aus einem festen Gehalt bestritten werden. Für viele frühere Funktionsträger bedeutete dies den Verlust ihrer wirtschaftlichen Grundlage – ein Umbruch, der sich deutlich in Croons resignierten Worten widerspiegelt.

Croon ist sich der Tragweite dieser Entwicklung bewusst. Seine Klage über die wirtschaftliche Marginalisierung des Justizpersonals – „Justizbedienungen, die sonst 6–800 Taler getragen, behalten itzo kaum 1–200“ – verweist auf eine weit verbreitete Verelendung der unteren Funktionseliten【4】. Die Einführung fester Gehälter, das Verbot traditioneller Nebeneinkünfte wie Sporteln, die Reduktion der Advokatenstellen und das Verbot freier Honorare trafen besonders jene, die wie Croon bislang im Zwischenraum von Gutsherrschaft, Patrimonialgerichtsbarkeit und juristischem Beratungsgeschäft agiert hatten【5】. Dass er dennoch seine Dienste „honett“ leisten und auf „200 Taler Salär“ verzichten will, zeigt seinen inneren Anspruch, sich nicht dem Zynismus der neuen Zeit zu ergeben.

Doch gerade diese moralische Selbstvergewisserung verleiht seinem Bericht politische Brisanz. Croon verurteilt offen die „so sehr in Schwang gehende Falschheit der Menschen“, kritisiert den Opportunismus von Justizbeamten wie dem Syndikus Meise und benennt offen das strukturelle Problem: „Die neue Verfassung ihre bisherigen Verdienste abschafft.“ Gemeint ist die Entwertung persönlicher Loyalität und Erfahrungsautorität zugunsten eines formalisierten, aber entpersonalisierten Dienstsystems【6】. Die Rechtspflege, einst mit Standesehre verbunden, wird zum bürokratischen Verwaltungsakt. Wo Vertrauen nicht mehr zählt, regiert das Misstrauen – ein Zustand, der ihn zu dem bitteren Befund führt: „Wer nun kein gutes Salär hat, muß Hungerpfoten saugen.“

Die Bedeutung dieses Berichts geht damit über die biografische Ebene weit hinaus. Er dokumentiert exemplarisch die Krise der mittleren Funktionselite im absolutistischen Reformstaat, in dem Tradition, Standesbindung und Loyalität zunehmend durch Effizienz, Kontrolle und Verordnungsstaatlichkeit ersetzt werden【7】. Croon steht dabei an einer Schwelle: als juristisch gebildeter, dem Prinzipal verpflichteter Verwalter bewegt er sich noch im Denkrahmen vormoderner, persönlich gestützter Herrschaft. Gleichzeitig ist er gezwungen, sich in einem System zu behaupten, das ihn ökonomisch aushöhlt und moralisch entwertet.

In der Figur Christoph Daniel von der Schulenburg erkennt er – durchaus idealisierend – das Gegenbild zur allgemeinen Erosion: ein standhafter, verantwortungsethisch geprägter Gutsherr, der, wie er schreibt, „in der Verteidigung des Vaterlandes“ nur „obstat gehalten“ habe – also trotz widriger Umstände nicht abgewichen sei. Diese Zuschreibung spiegelt Croons Hoffnung, dass sich alte Tugenden auch unter neuen Bedingungen bewähren mögen. In Wahrheit jedoch steht er – wie viele seiner Zeitgenossen – zwischen zwei Epochen, deren Schnittstelle nicht nur strukturell, sondern existenziell spürbar war.

Diese Passage aus Croons Schreiben vom 28. November 1739 (Gutsarchiv Angern, Rep. H Nr. 412, Nr. 32, Croon an Christoph Daniel von der Schulenburg) ist ein aufschlussreiches Dokument zur Krise des Rechtswesens im Preußen Friedrich Wilhelms I. Das Schreiben fällt in die Endphase der Regierung Friedrich Wilhelms I., in der die autoritäre Ausformung des preußischen Verwaltungs- und Justizsystems ihren Höhepunkt erreichte. Sie belegt eindrucksvoll sowohl die Institutionenkritik an der Magdeburgischen Regierung als auch die systematische Entwertung des Anwaltsstandes.

Historische Einordnung der Einnahmen des Oberamtmanns Croon

Auffällig ist, dass Croon im Lohnverzeichnis von 1744 nicht erscheint – was keineswegs auf eine untergeordnete Stellung, sondern im Gegenteil auf seine herausgehobene Rolle innerhalb der Gutsorganisation verweist.⁶ Als Oberamtmann war er keine Lohnkraft im engeren Sinne, sondern unterlag einem individuellen Vergütungsmodell, das bereits 1738 in einem Schreiben an Christoph Daniel von der Schulenburg niedergelegt wurde. Darin verzichtete Croon ausdrücklich auf ein festes Gehalt und verpflichtete sich stattdessen, sämtliche Justiz- und Verwaltungsangelegenheiten des Gutes kostensparend selbst zu übernehmen, inklusive der Führung eines Haus- und Hypothekenbuchs, der juristischen Vertretung und der Wirtschaftsaufsicht. Im Gegenzug versprach er eine jährliche Verzinsung des von Christoph Daniel eingesetzten Kapitals von vier Prozent – ein Ausdruck patrimonialer Vertrauensökonomie. 

Der Hinweis Croons auf die „kostensparende“ Übernahme der Justiz- und Verwaltungsangelegenheiten des Guts steht vermutlich im Zusammenhang mit den Einnahmen aus den sogenannten „Sporteln“. Am 9. November 1738 schrieb Croon an Christoph Daniel von der Schulenburg mit der Bitte, ihm die Sportel (Gerichtsgebühren) zu überlassen – mit Ausnahme der Einnahmen aus Strafen, Gefällen und Lehnwaren, die dem Gutsherrn zustünden. Er betonte, dass alle anderen Sporteln niemals dem Gutsherrn gehören, sondern stets dem Justitiar zustehen würden. Croon räumte ein, dass er bisher beträchtliche Einnahmen erzielen konnte, doch die Zeiten hätten sich geändert. Aufgrund eines neuen Justizreglements erlaube der König den Justizbeamten nicht mehr „das Brot“, sodass Croon in Angern künftig mit nicht mehr als 20 Talern jährlich an Sporteln rechnen könne.

Diese Einnahmen sind jedoch in einen größeren historischen Zusammenhang einzuordnen, der die zunehmende Zentralisierung und Reformierung der Justiz im brandenburg-preußischen Staat betrifft. Im Laufe des 18. Jahrhunderts führten verschiedene Reformen zu einer Beschränkung der traditionellen Einkünfte patrimonialer Verwaltungs- und Justizbeamter, die bislang neben ihrem festen Salär auch von den Sporteln – das heißt Gerichtsgebühren, Strafgeldern und weiteren natürlichen Einnahmequellen – profitierten. Diese Maßnahmen waren Teil eines umfassenderen Bestrebens, die justizielle Rechtsprechung stärker zu institutionalisieren und vom wirtschaftlichen Eigeninteresse der Beamten zu entkoppeln. In Brandenburg-Preußen wurden beispielsweise durch königliche Erlasse und landesherrliche Instruktionen die Erhebung und Verwendung von Gerichtsgebühren neu geregelt, um Korruption und Willkür einzudämmen und eine einheitliche Rechtsprechung zu fördern. Dies bedeutete für Beamte wie Croon einerseits eine Einkommenseinbuße, andererseits aber auch eine Stärkung der formalen Rechtsstaatlichkeit und die Herausbildung professioneller Justizverwaltung. Diese Reformen sind Teil der sogenannten Kameralismusbewegung, die eine effizientere, kontrollierte und staatlich zentralisierte Verwaltung propagierte. Dabei sollten persönliche Vorteile von Amtsträgern minimiert und die Verwaltungstätigkeit auf das Gemeinwohl ausgerichtet werden (vgl. Brunner 1980; Conrad 2002). In diesem Sinne steht Croons Klage exemplarisch für den Konflikt zwischen traditionellen, patrimonialen Einkommensstrukturen und dem Aufkommen einer rationalisierten, bürokratischen Staatsverwaltung, der das 18. Jahrhundert in Deutschland maßgeblich prägte.

Hinweise auf seinen eigenständigen Haushalt ergeben sich indirekt aus dem zugeordneten Gesindepersonal, etwa Dortliese Backhusin, die im Verzeichnis unter seinem Namen erscheint.7 Dies spricht für eine sozial gehobene, autonome Stellung innerhalb der Gutshierarchie, mit eigenem Hausstand und vermutlich einer langfristigen Bindung an die Familie von der Schulenburg.

Rechtsdurchsetzung als Machtpraxis: Croon zwischen Kabinettsorder, Bauernprozess und persönlicher Verantwortung

Die Wenddorfer Bauernsache, die Croon bereits seit 1737 beschäftigt, kulminiert nun 1739 in einer offen ausgetragenen Eskalation. Croon schildert in dramatischen Worten seinen vergeblichen Versuch, im Namen Christoph Daniel von der Schulenburgs gegen ein aus seiner Sicht „illegitimes“ Verfahren vor der Magdeburgischen Regierung vorzugehen. Trotz einer „gründlich deducirten“ Klageschrift, der er eine Aussage von fünfzehn vereidigten Zeugen sowie den Revers des Grafen von der Schulenburg beigefügt hatte, wurde die Eingabe von der Behörde zurückgewiesen. Croon beantragte daraufhin die Avokation der Akten an das königliche Tribunal – mit dem Ziel, den gesamten Prozess annullieren zu lassen. Die Quelle dokumentiert nicht nur juristisch-administrative Konflikte, sondern auch die desaströse Stellung der Rechtsgelehrten in jener Zeit: „Weil itzo die Advocaten fast unter die verachteten Leute zu rechnen“, heißt es, seien keine Advokaten mehr bereit, solch eine Schrift zu unterzeichnen. Besonders drastisch wirkt die Schilderung der Maßnahmen gegen Rechtsvertreter, die ohne königliche Erlaubnis in Gnadensachen intervenieren: Ein Edikt drohte, „daß […] ein Hund neben ihm gehangen werden soll“. Besonders eindrücklich verweist Croon auf einen Fall in Berlin, wo ein Prokurator gezwungen wurde, den sogenannten „Spanischen Mantel“ zu tragen – ein symbolisches Strafgewand, das im Preußen der Zeit Friedrich Wilhelms I. als öffentliche Demütigung und berufliche Ausschließung gegen missliebige Justizbeamte und Rechtsvertreter eingesetzt wurde. Es handelte sich dabei um einen auffälligen, überzeichneten Mantel, der den Träger vor aller Augen lächerlich machen sollte – Ausdruck eines staatlich gelenkten Strafregimes, das weniger auf Rechtswahrung als auf Disziplinierung zielte. Die Passage belegt damit exemplarisch die Entrechtung des juristischen Berufsstandes und den repressiven Charakter des absolutistischen Justizsystems im späten Soldatenkönigtum.

Der Bericht Croons über seine Tätigkeit in der Wendorfer Bauernsache s Schreiben vom 28. November 1739 (Gutsarchiv Angern, Rep. H Nr. 412, Nr. 32, Croon an Christoph Daniel von der Schulenburg) offenbart exemplarisch das Selbstverständnis frühneuzeitlicher Justizbeamter als richterlich-administrative Vollzugsorgane mit persönlichem Haftungsbewusstsein und standesbewusster Autorität. In seiner Berliner Eingabe nimmt Croon ausdrücklich „über mich alle Verantwortung“, sollte seine Darstellung „nicht mit dem Recht und der Wahrheit und mit den Akten übereinstimmen“. Diese Formulierung steht für einen frühaufklärerischen Amtsbegriff, der nicht auf anonyme Verfahrensroutinen, sondern auf persönliche Integrität und sachliche Stringenz baut.

Zugleich zeigt sich hier die Funktionsweise des preußischen Instanzenzugs: Nachdem die Magdeburgische Regierung gegen ihn arbeitete, ließ Croon sich eine Cabinettsordre Friedrich Wilhelms I. (Sub A) sowie ein Reskript des Tribunals (Sub B) beschaffen – letztere durch persönliche Vermittlung des „Herrn Leutnant von der Schulenburg“. Der Vorgang unterstreicht, wie sehr Erfolg im Justizsystem von direkten Beziehungen, prozeduralem Geschick und taktischem Zugriff auf Autoritätsinstanzen abhing.

Im weiteren Verlauf wird deutlich, dass Croon auch die Konflikte mit der Gemeinde Wenddorf nicht bloß juristisch, sondern strategisch-politisch anging: Er plante, „sie und ihren Advokaten in die Enge zu treiben“, sprach von deren „Conduite“ (Führung) und betrieb parallel sowohl die Bestrafung des Holzdiebstahls als auch die Zerschlagung der Gegenstrategie, mit der die Bauern versuchten, ihm die Untersuchungsbefugnis zu entziehen. Dass Croon hier bewusst einen öffentlichkeitswirksamen Machtakt vollzieht, zeigt sich in der Formulierung: „wer sich dagegen mociren werde, […] werde ich nicht gestatten“ – eine klare Aussage souveräner Gerichtshoheit in patrimonialer Tradition.

Um die Autorität der Gutsherrschaft zu sichern, ließ Croon drei Rädelsführer der Gemeinde festnehmen und mehrere Tage bei Wasser und Brot inhaftieren. Diese Maßnahme zeigte jedoch wenig Wirkung, da sich die Gemeinde geschlossen verhielt und sogar drohte, kollektiv ins Gefängnis zu gehen, „wie eine Klette zusammenhängend“. Parallel dazu wandte sich Croon an die Regierung mit der Bitte („depreciret“), sich nicht in die gerichtlichen Angelegenheiten des Gutes gegenüber seinen Untertanen einzumischen. Die Regierung entsprach diesem Ansinnen und verzichtete darauf, sich weiter einzumischen.

Diese Passage veranschaulicht den fundamentalen Wandel der frühneuzeitlichen Rechtskultur: Während das königliche Tribunal auf schriftlich geordnete Verfahren setzt, bleibt die Durchsetzung lokaler Autorität auf das konkret greifbare Machtmittel des Oberamtmanns gestützt. Croon nutzt beides – das Recht und das persönliche Auftreten – als Mittel aktiver Herrschaftsausübung. Die Ankündigung, den Bauern am 9. Dezember eine „nachdrückliche Strafe“ zuzuführen, ist Ausdruck dieser Vorstellung: Recht war, was autorisiert und durchsetzbar war – in letzter Instanz durch die persönliche Energie des Justitiars selbst.

Militärische Neuordnung auf dem Land: Die Garnisonsverfassung von 1740

Croon berichtet Anfang 1740, dass die Wenddorfer Angelegenheit „in einem solchen Train“ sei, dass ihr Ausgang voraussichtlich günstig sei. Doch bemerkenswerter ist, was er fast beiläufig meldet: die Einführung einer neuen Militärverfassung durch Friedrich Wilhelm I., die im Januar 1740 in Kraft trat. Diese betraf die sogenannten Einlieger, also nicht grundbesitzende Landbewohner, die nun landesweit in Garnisonsregimentern organisiert werden sollten. Damit verband sich das Ziel, das stehende Heer zu entlasten, die Kontrolle über unterständige ländliche Schichten zu erhöhen und den Wehrdienst lokal zu verankern.

Croon war in seiner Funktion unmittelbar in die Umsetzung dieser Maßnahme eingebunden. Auf Basis eines Cammerreskripts und einer königlichen Order wurde er beauftragt, vier Männer für das neue Regiment auszuwählen – namentlich in den Dörfern Angern und Wenddorf. Bei der Musterung wurde auf zwei Dinge geachtet: das Alter (über 25 Jahre) und die Körpergröße (mindestens fünf preußische Fuß, ca. 157 cm). Ein Passus in Croons Bericht verweist deutlich auf eine administrative Rationalisierung: „Die Capitains [haben] nunmehro […] die Ausflucht nicht mehr […], sie können ihn […] zum Garnisonsregiment brauchen.“

Diese Regelung war Teil eines umfassenderen militärisch-administrativen Eingriffs in die ländliche Gesellschaft: Die Garnisonssoldaten unterstanden fortan direkt der örtlichen Obrigkeit, sie konnten lokal heiraten, entlassen („dimittiret“) oder entpflichtet („congediret“) werden. Dies bedeutete zugleich einen Verlust an Mobilität und stellte insbesondere für grundherrliche Strukturen wie jene Schulenburgs eine neue Schnittstelle zwischen Militär, Gerichtsbarkeit und Dorfordnung dar. Croon erkennt pragmatisch den Vorteil: „Es scheint diese Verfassung sehr gut zu sein“, weil sie staatliche Ordnung, Rekrutierungskontrolle und soziale Disziplinierung effektiv miteinander verband.

Insgesamt liefert dieser Abschnitt eine rare Momentaufnahme, in der Justiz- und Wehrverfassung ineinandergreifen: Croons Rolle als Richter, Organisator und königlicher Vollstrecker wird paradigmatisch für die Verdichtung des frühabsolutistischen Regiments im Spannungsfeld zwischen Herrschaftssicherung und Staatsausbau.

Allgemeine Aufgaben eines Oberamtmanns im 18. Jahrhundert

Der Titel „Oberamtmann“ bezeichnete im deutschsprachigen Raum des 18. Jahrhunderts eine hochrangige Verwaltungs- und Justizposition, meist im Dienst eines Adligen oder Landesherrn. Seine Aufgaben umfassten:

Aufgabenbereich

Beschreibung

📋 Wirtschaftsverwaltung

Aufsicht über Einnahmen und Ausgaben des Guts, Kontrolle der Amtsleute, Pachtverträge, Inventare, Ablieferungen.

🏗️ Bau- und Infrastruktur

Planung, Beaufsichtigung und Abrechnung von Bauvorhaben, Koordination von Handwerkern, Materialbeschaffung.

⚖️ Gerichtsbarkeit

Ausübung der niedergerichtlichen Rechtsprechung (Patrimonialgericht), Durchsetzung von Pflichten und Polizeiordnungen unter den Untertanen.

🖋️ Korrespondenz und Repräsentation

Schriftverkehr mit Behörden (z. B. Lehnskurie, Landräte), juristische Verfahren, Kontakte zu Notaren, Ämtern und Kanzleien.

👑 Stellvertretung des Gutsherrn

In Abwesenheit oder auf Anordnung handlungsbefugt für Verwaltungsakte, Auszahlungsanweisungen, Verhandlungen.

Fußnoten

  1. Gutsarchiv Angern, Rep. H 409, Bl. 25: Einnahmeposten vom 2. April 1735 („zu Angern durch Mons. Croonen empfangen“).
  2. Ebd.; zur Funktion von Monsieur Dumont und Sandrat als Vermittler siehe Einnahmenblätter 1736.
  3. Das Herrenhaus in Angern, Alexander Graf von der Schulenburg / Klaus-Henning von Krosigk, 2022 (unveröff. Manuskript), S. 12.
  4. Gutsarchiv Angern, Rep. H 409, Bl. 25: Vorstandsgelder von Amtmann Heinrichs, Juli 1735.
  5. Gutsarchiv Angern, Rep. H 13, Nr. 38, 39, 275–281: Gerichtsverfahren zwischen der Gemeinde Angern und dem Gutsherrn.
  6. Gutsarchiv Angern, Rep. H 343, Lohnverzeichnis 1744.
  7. Ebd.; Eintrag zu Dortliese Backhusin als Gesinde im Haushalt Croons.
  8. Gutsarchiv Angern, Rep. H 336, No. 7

Literaturverweise

Dieses Essay beruht auf einer Transkription des Originaltexts im Gutsarchiv Angern von Frau Brigitte Kofahl.

【1】 Ernst Opgenoorth: Friedrich Wilhelm I. – König in Preußen, Bd. 1, Göttingen 1968, S. 205–213.

【2】 Barbara Stollberg-Rilinger: Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Vom Ende des Mittelalters bis 1806, München 2006, S. 237–242.

【3】 Christopher Clark: Preußen. Aufstieg und Niedergang 1600–1947, München 2006, S. 142–151.

【4】 Winfried Schulze: Vom Gemeinnutz zum Eigennutz. Sozialer Wandel und politische Legitimation in der Frühen Neuzeit, München 1977, S. 187–192.

【5】 Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. 1, Stuttgart 1957, S. 110–112.

【6】 Heinz Schilling: Höfe und Allianzen. Politik, Kultur und Gesellschaft im frühneuzeitlichen Europa, Berlin 2004, S. 398–405.

【7】 Ronald G. Asch: Nobilitierung und höfische Gesellschaft in der Frühen Neuzeit, in: Zeitschrift für historische Forschung 20 (1993), S. 1–30.

Fritz I. von der Schulenburg (1350-1415) (Wikipedia ) war der nähere Stammvater aller drei Äste der weißen Linie des Hauses von der Schulenburg. Er hat den Übergang der Mark Brandenburg an die Hohenzollern aktiv miterlebt und zeigte sich dabei als ein selbstbewusster Schloßgesessener seiner Zeit und herausragender Vertreter des gemäßigten Teils des märkischen Adels. Etwa 1350 wird er zu Beetzendorf geboren als Sohn von Bernhard V von der Schulenburg und Margarete, geb. von Wedderde . Zu dieser Zeit wird an der Mosel die Burg Eltz erbaut, ist der Schiefe Turm von Pisa fertig und stiftet König Eduard III. von England den Hosenbandorden .
Konsolidierung und Fragmentierung adeligen Besitzes im 14. Jahrhundert. Henning I. von der Schulenburg († 1378) war ein markanter Vertreter der weißen Linie des Geschlechts von der Schulenburg und ist als Knapp[e] auf Beetzendorf und Angern bezeugt. Er war ein jüngerer Sohn Werner V. und trat spätestens 1341 in die urkundlich dokumentierte Familiengeschichte ein, als er seinen älteren Bruder Werner IV. in der Lehnhierarchie nachfolgte. In der Urkunde von 1337 wird er nicht genannt, was nahelegt, dass er zwischen 1337 und 1341 die Mündigkeit erreichte.
Kaufmann, Lehnsträger und Burgherr in Angern. Werner V. von der Schulenburg gehört zu den frühesten namentlich bekannten Mitgliedern der Familie, die sich dauerhaft auf dem Gut Angern niederließen. Seine Bedeutung liegt nicht allein in seiner Funktion als Mitbelehnter mit der dortigen Burg, sondern vor allem in seiner Rolle als Vertreter eines Adels, der im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit zunehmend auch städtisch-wirtschaftliche Handlungsspielräume wahrnahm.
Hans XII. von der Schulenburg († 1625), Sohn des Busso VI. , gehört zu jenen Gliedern des Adelsgeschlechts von der Schulenburg , deren Leben exemplarisch für die Krisen und Konsolidierungsversuche niederadliger Gutsherrschaft im frühneuzeitlichen Brandenburg steht. Seine Biografie markiert eine Übergangsphase zwischen militärischer Karriere und ökonomischer Bedrängnis, zwischen adliger Repräsentation und realer finanzieller Überforderung.
Bernhard von der Schulenburg (1427–1469) wurde im Jahre 1448 mit seinen Brüdern Busso und Matthias durch Lehnbrief Erzbischofs Friedrich von Magdeburg zu rechten männlichen Lehen beliehen.
Busso von der Schulenburg (1415–1474) wurde im Jahre 1448 mit seinen Brüdern Bernhard und Matthias durch Lehnbrief Erzbischofs Friedrich von Magdeburg zu rechten männlichen Lehen beliehen. Er wurde somit der Begründer des älteren Zweigs der Familie von der Schulenburg in Angern.
Matthias I von der Schulenburg (1410–1479) wurde im Jahr 1448 gemeinsam mit seinen Brüdern Busso und Bernhard durch einen Lehnbrief von Erzbischof Friedrich von Magdeburg zu einem rechten männlichen Lehen mit der Herrschaft Angern belehnt und begründete den jüngeren Zweig , der den Burghof in Angern besaß. Er war ein bedeutender kurbrandenburgischer Rat, Landeshauptmann der Altmark , Ritter und Herr auf Beetzendorf sowie Pfandinhaber von Altenhausen .
Bernhard XI. von der Schulenburg († 1500 ) war der Sohn des Stammvaters des jüngeren Zweigs Matthias I. Er war Herr auf Altenhausen , Angern und Beetzendorf .
Alexander Friedrich Christoph ( 05.08.1720 – 19.09.1801 ) ist Sohn des Heinrich Hartwig I. (Oberst auf Angern, Wenddorf und Bülitz). Sein Oheim Christoph Daniel setzte ihm im Testament das Gut Krüssau als ein Majorat aus. Im Kodizill 1763 wurde dies jedoch dahingehend geändert, dass er Angern als Majorat bekommen sollte, wenn er den österreichischen Dienst verließe und von seinem Landesherrn König Friedrich II. wegen dieses Fehlers Verzeihung erhielte.
Matthias III. von der Schulenburg (* 1506, † 1542 ), gefallen in den Türkenkriegen vor Pest ) war der Sohn von Bernhard XI. von der Schulenburg . Er war Herr auf Altenhausen , Angern und Beetzendorf und setzte den jüngeren Zweig der weißen Linie fort.
Die acht Söhne des Matthias III. von der Schulenburg und Margarethe von der Lühe († 1525), die das Erwachsenenalter erreichten, zeigten bis auf den jüngsten eine ausgeprägte Neigung zum Soldatenstand und nahmen an Kriegszügen teil, aus denen drei nicht zurückkehrten. Der älteste Sohn, Jakob II. (*25.03.1515 in Beetzendorf , †1576 in Magdeburg ), ist neben Fritz VIII. der zweite große Söldnerführer , den das Schulenburg'sche Geschlecht in dieser Epoche hervorgebracht hat.
Daniel I. Reichsfreiherr von der Schulenburg (* 3. Juni 1538 in Altenhausen ; † 6. November 1594 in Angern ) lebte in einer Zeit bedeutender politischer und wirtschaftlicher Umbrüche in der Altmark und im Erzstift Magdeburg .
Henning III. von der Schulenburg (*1587, †01.09.1637) war der jüngste Sohn des Daniel I. von der Schulenburg und übernahm nach seinem Tod den Burghof in Angern. Er steht exemplarisch für die komplexe Rolle des niederen Adels im frühneuzeitlichen Brandenburg – zwischen dynastischer Kontinuität, territorialer Zersplitterung und finanzieller Prekarität. Wie sein älterer Bruder studierte er an der Universität Helmstedt, einer der führenden Bildungsstätten für den protestantischen Adel Norddeutschlands.
Henning Christoph von der Schulenburg (* 1648 oder 1649 auf Angern , † 27.12.1683 in Staßfurt ) war ein kurbrandenburgischer Hauptmann. Als der älteste Sohn von Heinrich XI. von der Schulenburg (geb. 1621, gest. 1691) und Ilse Floria von der Knesebeck (geb. 1629, gest. 1712) erbte er nach dessen Tod die Güter Angern und Falkenberg .
Heinrich XI von der Schulenburg (* 06.09.1621 auf Angern , + 19.05.1691 in Kehnert ) – Herr auf Angern, Kehnert mit Cobbel, Schricke und Falkenburg war der jüngere Sohn von Henning III. von der Schulenburg (*1587, †01.09.1637) und Catharina Schenk von Flechtingen. Er studierte an der Universität Helmstedt , einer der führenden Bildungsstätten des 17. Jahrhunderts. Sein Studium legt nahe, dass er sich früh auf Verwaltungs- und Rechtsfragen spezialisierte, um die weitläufigen und durch Kriegswirren belasteten Güter der Familie effizient zu führen.
Christoph Daniel von der Schulenburg (*1679 in Angern, †1763 ebenda) zählt zu den herausragenden Persönlichkeiten des brandenburgisch-preußischen Adels im 18. Jahrhundert. Sein Lebensweg vereint in exemplarischer Weise militärische Laufbahn , diplomatische Missionen und kulturelles Mäzenatentum . Nach seiner frühen militärischen Ausbildung diente Schulenburg zunächst in brandenburgischen Regimentern und trat später in die sardinisch-savoyische Armee ein, wo er bis zum General der Infanterie aufstieg. Seine militärischen Verdienste zeigten sich unter anderem in den Feldzügen in Italien und der erfolgreichen Verteidigung der Festung Pizzighettone . Parallel dazu wurde er als Gesandter des preußischen Hofes entsandt – etwa nach Warschau –, wo er diplomatisches Geschick mit militärischer Expertise verband.
Die Familiengeschichte des Hauses Angern nimmt seinen weiteren Lauf mit den Söhnen Henning Christophs v.d. Schulenburg : Heinrich Hartwig I (* 23.09.1677 auf Angern, nach anderen Quellen Staßfurth; † 17.06.1734 auf Angern) und Christoph Daniel I . Beide traten 1700 in den Dienst des Herzogs von Savoyen - dem Regiment , dessen Chef damals noch Matthias Johann v.d. Schulenburg war. Heinrich Hartwig verließ diesen als Hauptmann nach zwei Jahren und ließ sich in Angern nieder.
Friedrich Christoph Daniel Graf von der Schulenburg (* 10. Februar 1769 auf Angern; † 16. Mai 1821 in Magdeburg) ist Sohn des Alexander Friedrich Christoph Graf von der Schulenburg .
Edo Friedrich Christoph Daniel , geb. 27.04.1816 in Angern, gest. 06.08.1904 in Angern, wurde 1821 dritter Fideikommissherr auf Angern. Edo war einziger Sohn des Magdeburger Regierungspräsidenten Friedrich Graf v.d. Schulenburg aus dessen zweiter Ehe mit der Tochter des Braunschweigischen Landdrosten, Auguste Luise Adolphine von Cramm. Bei seiner Taufe übernahm König Friedrich Wilhelm III . eine Patenstelle.
Friedrich Wilhelm Christoph Daniel Graf von der Schulenburg (* 1843 in Angern; † 1921) war Sohn des Edo Friedrich Christoph Daniel (1816-1904) und der Helene, geb. v. Schöning. Bei seiner Taufe übernahm König Friedrich Wilhelm IV. die Patenstelle.
Sigurd Wilhelm Graf von der Schulenburg (* 1882; † 1956), Sohn des Friedrich Wilhelm Christoph Daniel (1843-1921) war der fünfte und letzte Fideikommissherr auf Angern. Bei seiner Taufe am 5. November 1882 übernahm Kaiser Wilhelm I. eine Patenstelle , wie auch bei seinem Vater, Großvater und Urgroßvater die damals regierenden preußischen Könige Taufpaten gewesen waren.
Kuno Wilhelm Christoph Daniel Graf von der Schulenburg (* 1923 in Magdeburg; † 1987 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Jurist und Mitglied der XXI. Generation der Familie von der Schulenburg. Kuno Wilhelm wurde als einziger Sohn von Sigurd-Wilhelm Graf von der Schulenburg geboren.
Alexander Friedrich Christoph Graf von der Schulenburg wurde am 4. August 1968 in Frankfurt am Main geboren. Er ist Sohn von Kuno Wilhelm Christoph Daniel (1923-1987) und Jutta, geb. v. Franocis. Er führt die lange Tradition seiner Familie fort, die seit fast 500 Jahren in Angern verwurzelt ist, und engagiert sich aktiv für die Bewirtschaftung der wieder eingerichteten Forstbetriebs sowie die Rekonstruktion und Erhaltung des Schlosses und des Parks.
Angern

Angern, Sachsen-Anhalt, Landkreis Börde. Heft 20, Berlin 2023 (ISBN: 978-3-910447-06-6).
Alexander Graf von der Schulenburg, Klaus-Henning von Krosigk, Sibylle Badstübner-Gröger.
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft e.V.
Umfang: 36 Seiten, 59 Abbildungen.