Jagdrecht, Wildhege und soziale Kontrolle: Die Regulierung herrschaftlicher Ressourcen: Ein besonders umfangreicher Abschnitt einer Instruktion (Rep. H Angern Nr. 337) aus dem Jahr 1742 widmet sich der Regelung der Jagd und der Hege des Wildbestandes auf dem Gut Angern. Bereits der einleitende Satz zeigt die Strenge der Maßgaben:
"Mr. Croon wird fleißig vigiliren, auch die Jäger Acht geben lassen, daß niemandt, er sey wer er wolle, mit der Flinte auf dem Felde kommt" (Rep. H Angern Nr. 337).
Diese Regel steht im Kontext der landesherrlichen und gutsherrlichen Jagdprivilegien, welche im 18. Jahrhundert zunehmend als Exklusivrechte des Adels verstanden wurden. Das Betreten der Felder mit Schusswaffen war ein klarer Verstoß gegen die herrschaftliche Ordnung und wurde als Eingriff in das Recht auf Wildhege verstanden.
Besonders eindrücklich ist die Kontrolle der Hundehaltung in den Dörfern:
"Die Bauern und Hirten [...] sollen ihren Hunden Knüppel einbinden [...] andernfalls sollen die Jäger sie todt schießen."
Ebenso müssen die Mühler ihre Hunde "an der Kette halten, oder große Knüppel einbinden." Diese Vorschrift diente dem Schutz des Niederwildes und zeigt die Intensität, mit der Jagdinteressen gegen Störungen aus der Bevölkerung durchgesetzt wurden. Auch hier wird die Gewalt der Gutsherrschaft nicht verschleiert, sondern in scharfer Sprache operationalisiert.
Die Jagdpolitik ist streng quotiert: 15 Hasen und 15 Rebhühner stehen dem Amtmann zu, sofern er das Schieß- bzw. Fanggeld entrichtet. Der Oberamtsmann Croon selbst darf, wenn er in Angern seinen eigenen Tisch führt, monatlich einen Hasen sowie insgesamt sechs Rebhühner für den Eigenbedarf erlegen oder fangen lassen. Darüber hinaus werden jährlich 12 Hasen für Repräsentationszwecke freigegeben,
"welche zu praesenten an diejenigen, so man wo von nöthen, und Uns Einige Dienste leisten, employiret werden können" (ebd.).
Diese Passage macht deutlich, dass Wildbret auch ein Mittel herrschaftlicher Repräsentation und Patronage war.
Die Differenzierung zwischen verschiedenen Flächen und Wildarten wird ebenso präzise geregelt. Die sogenannte "Alte Nachtweide" etwa ist vollkommen von der Jagd auszunehmen, mit Ausnahme der dortigen Holzschnepfen. Auch der "Sööp- und Klapper-Teich" ist für die Schonung der Wildenten reserviert: "Auf diesen beiden Teichen [...] keine alten Enten geschoßen, auch keine jungen gefangen oder geschoßen werden" (ebd., Bl. 5v). Nur auf anderen Flächen sei das Jagen erlaubt; Croon darf für seinen Tisch sechs Wildenten nehmen, den Rest soll er verkaufen lassen.
Eine besondere Sorge gilt den elf Wildenten auf dem Schlossgraben. Diese sollen im Winter besonders geschützt werden:
"man muß hinter dem alten Brauhause ein Ställichen bauen und Stroh darein thun, damit sie sich [...] verbergen können."
Dieser Passus belegt einen frühen Wildtierschutz unter herrschaftlicher Anleitung. Auch der Bau eines Kahns zum Reinigen des Teichs wird angeordnet, um das Biotop in gutem Zustand zu halten.
Die Jagdregeln reflektieren nicht nur das wirtschaftliche und repräsentative Interesse der Herrschaft an einem gesunden Wildbestand, sondern auch eine Ordnungsvorstellung, in der Kontrolle über Natur, Tier und Mensch integraler Bestandteil gutsherrlicher Macht war. Die Regelungen wirken in ihrer Strenge modern anmutend, dokumentieren aber zugleich das exklusive Selbstverständnis adliger Herrschaft im ländlichen Raum.