Wasserschloss Angern
Das Wasserschloss Angern wurde 1736 im Auftrag von Christoph Daniel v.d. Schulenburg von Friedrich August Fiedler im Rokoko-Stil erbaut und 1843 klassizistisch umformt. Die Ursprünge des Schlosses reichen bis ins Jahr 1341 zurück, als an dieser Stelle eine Wasserburg errichtet wurde.

Ein Beitrag zur materiellen Kultur und militärischen Wohnpraxis im Zeitalter des Rokoko. Das Feldbett eines Generals im mittleren 18. Jahrhundert war mehr als ein funktionales Möbel – es war Ausdruck einer Lebenshaltung, eines Standsbewusstseins und eines transitorischen Raumbewusstseins zwischen Lager, Garnison und Schloss. Die vorliegende Rekonstruktionsstudie nimmt das überlieferte Feldbett aus dem Schlafzimmer des Generals Christoph Daniel von der Schulenburg im Schloss Angern zum Ausgangspunkt, um Struktur, Materialität und kulturelle Bedeutung eines solchen Möbelstücks zu erschließen.

Quellenlage und Kontextualisierung

Das Bett ist im Inventar des Schlosses Angern um 1750 wie folgt verzeichnet:

„Unter dessen Himmel stehet ein Feldbett, worin S. Exz. schlafen, von geblümten Zitz mit gelbem Taft gefüttert. Darin sind 2 Cattalonier Decken, 3 kleine Hauptkissen, 2 Maderatzen und ein Polster, 1 rot und weiß gestreiftes Barchentfederbett“【1】.

Diese Beschreibung erlaubt Rückschlüsse auf die äußere Gestaltung, textile Ausstattung und Nutzungstradition. Dass das Feldbett nicht im Reiseeinsatz, sondern unter einem festinstallierten Himmelbett (à la Duchesse) innerhalb eines barocken Schlafzimmers stand, verweist auf eine bewusste Integration militärischer Praxis in den zivilen Lebensraum eines hohen Offiziers.

Gestell und Struktur

Rekonstruierbar ist ein tragbares Bettgestell aus Hartholz – vorzugsweise Buche oder Eiche –, mit einklappbaren Beinen, Querstreben und Eisenverbindungen. Vergleichbare Gestelle finden sich in musealen Sammlungen, etwa im Musée de l’Armée in Paris („lit de camp de Napoléon“) oder im Henry Ford Museum (Feldbett George Washingtons).

  • Maße: ca. 180–190 cm Länge, 80–90 cm Breite, 45–50 cm Höhe
  • Klappbare X-Beine oder seitlich verschraubte Fußstreben
  • Verbindungsteile: geschmiedete Eisenbolzen und Scharniere
Vgl. Judith Miller, Furniture: World Styles from Classical to Contemporary, London 2010, S. 142.
Vgl. Stefan Buzas, Mobiliar des 18. Jahrhunderts. Typologie und Formenentwicklung, München 1998, S. 87

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KI Rekonstruktion des Feldbetts von Christoph Daniel um 1750

Liegefläche und Polsterung

Die Liegefläche bestand mutmaßlich aus:

  • gespannter Leinwand oder Hanfgurten
  • darunter 1 Strohsack: Der Strohsack bildete die unterste Bettenschicht – er isolierte gegen Bodenkälte und war kostengünstig nachfüllbar. Auch bei adeligen Betten blieb diese bäuerlich-militärische Komponente erhalten, insbesondere bei Feldbetten.
  • darauf 2 übereinanderliegende Matratzen & 1 ein Polster (Bolster). Die parallele Lagerung von zwei Matratzen entsprach der damaligen Praxis, um Polsterung und Federwirkung zu verbessern. Das zusätzliche Polster war wahrscheinlich zylinderförmig („Bolster“) und diente zur Lagerung oder Nackenstütze.
  • 2 Cattalonier Decken: Diese schweren Wolldecken stammten ursprünglich aus Katalonien und waren wegen ihrer warmen, strapazierfähigen Qualität in ganz Europa verbreitet – besonders beliebt für Winterbetten.
  • 3 kleine Hauptkissen: Kleine, fein gearbeitete Kissen aus weichem Material – sie dienten nicht nur dem Schlafkomfort, sondern auch als dekorative Elemente im Bett.
  • 1 rot-weiß gestreiftes Barchent-Federbett: Barchent = Baumwoll-Leinen-Mischgewebe war ein körperbindiges, einseitig gerautes Baumwollgewebe, das sowohl weich als auch luftdurchlässig war – ideal für Winterbettwäsche. Die farbige Streifenwebung (rot-weiß) verweist auf typische barocke Musterästhetik. Gefüllt war dieses Federbett mit Daunen oder Federn.

Vgl. Renate Flagmeier, Schlafen im Barock. Zur Kulturgeschichte des Betts, in: Kunst und Alltag im Barock, München 2004, S. 115–138.
Vgl. Ingrid Loschek, Mode und Möbel: Textile Raumausstattungen in der Frühen Neuzeit, Berlin 2006, S. 99–101.

Bezugstoffe: Zitz und Taft

Das Bett war mit geblümtem Zitz bezogen – einem glänzenden, dicht gewebten Baumwollstoff, der im 18. Jahrhundert häufig bedruckt wurde und aus Indien oder Sachsen stammen konnte (→ Indiennes). Die Fütterung bestand aus gelbem Taft, einem glatten Seidenstoff mit metallischem Glanz. Die Wahl von Zitz mit floralen Mustern war typisch für das Rokoko und findet sich auch bei Bettvorhängen, Paravents und Tagesdecken. Taft wurde gerne zur Fütterung von Luxusstoffen verwendet – er verlieh dem Möbeltextil Struktur und Glanz.

Vgl. Florence M. Montgomery, Textiles in America, 1650–1870, New York 1984, S. 410–413 (Zitz) und S. 388–390 (Taft).
Vgl. Ulrich Leben, François de Cuvilliés und das Rokoko in Deutschland, München 2006, S. 182 f.

Funktionale und symbolische Bedeutung

Dass Schulenburg sein Feldbett dem Prunkbett vorzog, verweist auf eine tiefe militärische Identitätsbindung. Das Bett wird zur Bühne einer doppelten Haltung: einerseits Disziplin, Gewohnheit, Effizienz – andererseits Luxus, Erfahrung, Erinnerung. In der Materialität verbinden sich also Funktionsästhetik und Repräsentation.

Vgl. Ute Daniel, Der Krieg und die Deutschen, Frankfurt am Main 2008, S. 47 ff.
Vgl. Markus Meumann: Der General und sein Haus: Raum und Macht im Barock, in: Raum und Herrschaft in der Frühen Neuzeit, hrsg. von H. Medick, Göttingen 2007, S. 201–235.

Fazit

Die Rekonstruktion des Feldbetts von Christoph Daniel von der Schulenburg offenbart ein vielschichtiges Objekt zwischen Möbelgeschichte, Adelskultur und Militärtradition. Es steht exemplarisch für die Verschränkung von Lebensstil und Lebenslauf, von Standesethos und Mobilitätskultur im aufgeklärten Absolutismus. Als funktionales Möbel mit emotionaler Aufladung war das barocke Feldbett nicht bloß Schlafstätte, sondern eine tragbare Form von Selbstvergewisserung.

Die Nutzung des zwischen 1738 und 1745 neu errichteten Herrenhauses in Angern unter General Christoph Daniel von der Schulenburg lässt sich im Kontext des mitteldeutschen und norddeutschen Landadels als exemplarisch für den funktionalen und repräsentativen Anspruch barocker Gutshausarchitektur einordnen. Analog zu anderen Adelsresidenzen dieser Zeit gliederte sich das Nutzungsschema in Wohnfunktion , administrative Nutzung , Repräsentation , Sammlungstätigkeit und symbolisch-dynastische Verankerung .
Die Wasserburg Angern hat eine lange und komplexe Geschichte, die bis ins 14. Jahrhundert zurückreicht. Sie wurde erstmals 1336 urkundlich erwähnt, als es zwischen dem Erzbischof von Magdeburg und dem Markgrafen von Brandenburg zu einer Einigung über die Besitzverhältnisse in der südlichen Altmark kam. 1341 ließ Erzbischof Otto von Magdeburg an dieser Stelle eine Wasserburg errichten. Ob es sich dabei um einen Neubau oder die Verstärkung einer bereits vorhandenen Anlage handelte, ist unklar. Die Burg war von einem tiefen Graben umgeben und verfügte über einen siebenstöckigen Turm, der das Bauwerk dominierte. Es handelte sich wahrscheinlich um einen Feldsteinbau, wie die Mauerreste an der Brücke vermuten lassen.
Das Wasserschloss Angern ist eher ein Herrenhaus , ursprünglich im Jahr 1341 als Wasserburg errichtet, wurde im Jahr 1736 im Rokoko-Stil von Christoph Daniel von der Schulenburg durch den Architekten Friedrich August Fiedler erbaut. Ursprünglich war es von einem barocken Garten umgeben. Ab dem Jahr 1845 wurde das Schloss von Edo Graf von der Schulenburg und Helene Gräfin v.d. Schulenburg, geborene von Schöning, umgestaltet, inspiriert durch die Villa Schöningen in Potsdam , die Ludwig Persius für Edos Schwiegervater Kurd v. Schöning entworfen hatte. Dabei wurde das barocke Walmdach durch ein flaches Zinkdach ersetzt und es wurde ein Mezzaningeschoss ergänzt.
Die bauliche Umgestaltung des Herrenhauses in Angern in den Jahren um 1843 markiert einen tiefgreifenden Wandel in der Nutzung und Raumordnung des Hauses. Unter den Nachfahren des Generals Christoph Daniel von der Schulenburg wurde das barocke Erscheinungsbild durch klassizistische Elemente überformt, die sich sowohl in der Fassadengestaltung als auch in der Raumgliederung widerspiegeln. Es dominierte eine hell verputzte Fassade und eine vereinfachte Tür- und Fensterrahmung. Diese Elemente spiegeln die Orientierung am Ideal der "edlen Einfachheit" wider, wie sie seit Winckelmann als Leitbild klassizistischer Baukunst galt. Dieser Umbau ist im Kontext der Adelsgeschichte des 19. Jahrhunderts als Ausdruck einer funktionalen Anpassung und bürgerlich geprägten Repräsentationskultur zu verstehen.
In jedem Jahrhundert erlebt die Familie von der Schulenburg und das Haus in Angern bedeutende Veränderungen, doch sie lassen sich nie entmutigen – immer wieder gelingt ein entschlossener Neuanfang gemäß dem Leitsatz "Halte fest was Dir vertraut". Bis 11. Jahrhundert , 12. Jahrhundert , 13. Jahrhundert , 14. Jahrhundert , 15. Jahrhundert , 16. Jahrhundert , 17. Jahrhundert , 18. Jahrhundert , 19. Jahrhundert , 20. Jahrhundert , 21. Jahrhundert .
Vom höfischen Tableau zur rationalisierten Wohnwelt: Die Wohn- und Funktionsräume des Schlosses Angern spiegeln in exemplarischer Weise den sozialen und kulturellen Wandel des Adels im langen 18. Jahrhundert wider. Zwischen dem Rokoko-inspirierten Repräsentationskonzept unter General Christoph Daniel von der Schulenburg (†1763), der verwaltungstechnisch durchrationalisierten Ordnung unter Friedrich Christoph Daniel (†1821) und dem klassizistischen Umbau unter Edo von der Schulenburg (ab 1841) lassen sich klare strukturelle und ästhetische Entwicklungslinien feststellen. Die verfügbaren Inventare von 1752 (Rep. H 76) und 1821 (Rep. H 79) sowie die bau- und kulturgeschichtliche Beschreibung um 1845 erlauben eine vergleichende Analyse der sich wandelnden Raumfunktionen.
Angern

Angern, Sachsen-Anhalt, Landkreis Börde. Heft 20, Berlin 2023 (ISBN: 978-3-910447-06-6).
Alexander Graf von der Schulenburg, Klaus-Henning von Krosigk, Sibylle Badstübner-Gröger.
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft e.V.
Umfang: 36 Seiten, 59 Abbildungen.