Das Schloss Angern steht exemplarisch für die Umbaupolitik und Repräsentationskultur der weit verzweigten Familie von der Schulenburg im 18. und 19. Jahrhundert. Ein Vergleich mit anderen Besitzungen verdeutlicht, wie unterschiedlich die Familienzweige ihre Sitze ausgestalteten, je nach Funktion, Status und regionalem Kontext.
In Beetzendorf, dem Stammsitz eines anderen Schulenburg-Zweiges, blieb die mittelalterliche Burganlage mit dem imposanten Bergfried im Zentrum erhalten. Der Wohnsitz wurde lediglich partiell barockisiert, was auf eine konservativere Haltung und geringere Repräsentationsansprüche hinweist. Im Gegensatz dazu wurde Angern zu einer klassischen Dreiflügelanlage mit Ehrenhof umgebaut, deutlich orientiert an höfischen Bautraditionen.
Der Apenburger Hof, auch bekannt als Beetzendorf II oder Rittergut II, wurde ab dem späten 17. Jahrhundert von Dietrich Hermann I. von der Schulenburg errichtet und diente als Hauptsitz der sogenannten „schwarzen Linie“ der Familie. Der zweigeschossige H-förmige Putzbau mit Fachwerkanteilen wurde 1845 erweitert, 1866 am südlichen Giebel ergänzt und 1892 um einen Fachwerkflügel im Norden erweitert. Nach der Enteignung 1945 diente das Gutshaus verschiedenen Nutzungen, darunter als Altersheim, Kaserne der DDR-Grenztruppen und Internat der Erweiterten Oberschule Karl Marx. Seit 1993 steht das Gebäude leer und verfällt. Im Vergleich zu Schloss Angern und anderen Schulenburg-Residenzen zeigt der Apenburger Hof eine funktionale Ausrichtung mit begrenztem repräsentativen Anspruch. Während Schloss Angern eine Synthese aus mittelalterlicher Topographie und barocker Repräsentation darstellt, spiegelt der Apenburger Hof die pragmatische Architektur eines landwirtschaftlich geprägten Gutsbetriebs wider. Die schlichte Gestaltung und die späteren Erweiterungen des Apenburger Hofs unterstreichen die wirtschaftliche Funktion des Anwesens innerhalb der Familie von der Schulenburg.
Die Schulenburgs in Emden wiederum errichteten ein urbanes Stadtpalais, das weniger Wehrhaftigkeit, sondern vielmehr soziale Integration in den Stadtadel und repräsentative Selbstdarstellung im bürgerlich geprägten Raum demonstrierte. Auch dieses steht im Kontrast zur Insellage und Wehrtradition von Angern.
Besonders hervorzuheben ist Schloß Altenhausen, ist ein bedeutendes Beispiel für die architektonische Entwicklung adliger Residenzen in Mitteldeutschland. Ursprünglich als Niederungsburg im 11. oder 12. Jahrhundert errichtet, wurde die Anlage im Laufe der Jahrhunderte mehrfach zerstört und wieder aufgebaut. Seit 1485 befindet sich das Schloss im Besitz der Familie von der Schulenburg, die es kontinuierlich weiterentwickelte. Besonders hervorzuheben sind die Renaissance-Elemente des Wohnhauses, der neogotische Palas mit eingebautem Bergfried sowie der Wirtschaftshof mit Gebäuden aus verschiedenen Epochen. Heute dient Schloss Altenhausen als Hotel und Veranstaltungsort, wobei der historische Charakter der Anlage bewahrt wurde.
Ein besonders ambitioniertes Beispiel stellt Schloss Burgscheidungen dar. Nach dem Erwerb durch Levin von der Schulenburg im Jahr 1722 wurde es unter Leitung des Leipziger Landbaumeisters David Schatz zwischen 1724 und 1729 umfassend barock umgestaltet. Geplant war ein vierflügeliger Neubau, von dem Nord- und Ostflügel realisiert wurden; Süd- und Westflügel blieben aus der Renaissancezeit erhalten. Die Gestaltung mit einem Mittelrisalit im Nordflügel und einem terrassierten Schlosspark, der durch einen Kanal begrenzt wird, zeigt deutliche Anleihen am Dresdner Barock. Schloss Burgscheidungen hebt sich damit durch seine architektonische Prachtentfaltung und seine landschaftliche Einbindung hervor. Im Vergleich dazu wirkt Schloss Angern etwas einfacher, aber integrativer in die mittelalterliche Topographie eingebettet. Beide Anlagen stehen exemplarisch für die Repräsentationsansprüche der Familie von der Schulenburg in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Schloss Bodendorf, ein historisches Rittergut im heutigen Ortsteil Bodendorf der Stadt Haldensleben, wurde Ende des 17. Jahrhunderts von Daniel Ludolf von der Schulenburg erbaut. Es zeichnet sich durch seine barocke Architektur aus rotem Bruchstein und eine 1709 hinzugefügte Schlosskapelle aus, die mit originaler barocker Ausstattung erhalten ist. Im 19. Jahrhundert wurde das Schloss um einen klassizistischen Flügel erweitert, und zwischen 1910 und 1920 entstand ein Treppenturm im Stil der Neurenaissance und des Neubarocks. Die Anlage umfasst zudem einen Gartenpavillon von 1826, ein Taubenhaus von 1777 und eine Parkanlage mit Teichen. Nach der Enteignung der Familie von der Schulenburg im Jahr 1946 diente das Schloss verschiedenen Zwecken, darunter als Pflegeheim, und wurde später von Nachfahren der Familie zurückerworben und saniert. Im Vergleich zu anderen Residenzen der Familie von der Schulenburg, wie Schloss Angern oder Schloss Burgscheidungen, zeigt Schloss Bodendorf eine kontinuierliche architektonische Entwicklung über mehrere Jahrhunderte hinweg. Während Schloss Angern eine Synthese aus mittelalterlicher Topographie und barocker Repräsentation darstellt und Schloss Burgscheidungen durch seine ambitionierte barocke Gestaltung hervorsticht, spiegelt Schloss Bodendorf eine harmonische Verbindung von Barock, Klassizismus und späteren architektonischen Stilen wider. Diese Vielfalt innerhalb der Schulenburgschen Residenzen unterstreicht die unterschiedlichen Repräsentationsansprüche und regionalen Einflüsse der einzelnen Familienzweige.
Angern zeichnet sich innerhalb dieses Spektrums durch seine bewusste Synthese aus mittelalterlicher Topographie und barocker Repräsentation aus. Christoph Daniel von der Schulenburg verband in seiner Residenz Wehrsymbolik (z. B. erhaltene Schießscharte im Turm) mit moderner Wohnkultur (z. B. Rokokosalons, Gartenarchitektur) und positionierte sich so sowohl in der Tradition als auch in der Fortschrittlichkeit seiner Zeit.