Wasserschloss Angern
Das Wasserschloss Angern wurde 1736 im Auftrag von Christoph Daniel v.d. Schulenburg im Rokoko-Stil erbaut und 1843 klassizistisch umformt.

Das Schloss Angern steht exemplarisch für die Umbaupolitik und Repräsentationskultur der weit verzweigten Familie von der Schulenburg im 18. und 19. Jahrhundert. Ein Vergleich mit anderen Besitzungen verdeutlicht, wie unterschiedlich die Familienzweige ihre Sitze ausgestalteten, je nach Funktion, Status und regionalem Kontext.

In Beetzendorf, dem Stammsitz eines anderen Schulenburg-Zweiges, blieb die mittelalterliche Burganlage mit dem imposanten Bergfried im Zentrum erhalten. Der Wohnsitz wurde lediglich partiell barockisiert, was auf eine konservativere Haltung und geringere Repräsentationsansprüche hinweist. Im Gegensatz dazu wurde Angern zu einer klassischen Dreiflügelanlage mit Ehrenhof umgebaut, deutlich orientiert an höfischen Bautraditionen.

Der Apenburger Hof, auch bekannt als Beetzendorf II oder Rittergut II, wurde ab dem späten 17. Jahrhundert von Dietrich Hermann I. von der Schulenburg errichtet und diente als Hauptsitz der sogenannten „schwarzen Linie“ der Familie. Der zweigeschossige H-förmige Putzbau mit Fachwerkanteilen wurde 1845 erweitert, 1866 am südlichen Giebel ergänzt und 1892 um einen Fachwerkflügel im Norden erweitert. Nach der Enteignung 1945 diente das Gutshaus verschiedenen Nutzungen, darunter als Altersheim, Kaserne der DDR-Grenztruppen und Internat der Erweiterten Oberschule Karl Marx. Seit 1993 steht das Gebäude leer und verfällt. Im Vergleich zu Schloss Angern und anderen Schulenburg-Residenzen zeigt der Apenburger Hof eine funktionale Ausrichtung mit begrenztem repräsentativen Anspruch. Während Schloss Angern eine Synthese aus mittelalterlicher Topographie und barocker Repräsentation darstellt, spiegelt der Apenburger Hof die pragmatische Architektur eines landwirtschaftlich geprägten Gutsbetriebs wider. Die schlichte Gestaltung und die späteren Erweiterungen des Apenburger Hofs unterstreichen die wirtschaftliche Funktion des Anwesens innerhalb der Familie von der Schulenburg.

Die Schulenburgs in Emden wiederum errichteten ein urbanes Stadtpalais, das weniger Wehrhaftigkeit, sondern vielmehr soziale Integration in den Stadtadel und repräsentative Selbstdarstellung im bürgerlich geprägten Raum demonstrierte. Auch dieses steht im Kontrast zur Insellage und Wehrtradition von Angern.

Besonders hervorzuheben ist Schloß Altenhausen, ist ein bedeutendes Beispiel für die architektonische Entwicklung adliger Residenzen in Mitteldeutschland. Ursprünglich als Niederungsburg im 11. oder 12. Jahrhundert errichtet, wurde die Anlage im Laufe der Jahrhunderte mehrfach zerstört und wieder aufgebaut. Seit 1485 befindet sich das Schloss im Besitz der Familie von der Schulenburg, die es kontinuierlich weiterentwickelte. Besonders hervorzuheben sind die Renaissance-Elemente des Wohnhauses, der neogotische Palas mit eingebautem Bergfried sowie der Wirtschaftshof mit Gebäuden aus verschiedenen Epochen. Heute dient Schloss Altenhausen als Hotel und Veranstaltungsort, wobei der historische Charakter der Anlage bewahrt wurde. 

Ein besonders ambitioniertes Beispiel stellt Schloss Burgscheidungen dar. Nach dem Erwerb durch Levin von der Schulenburg im Jahr 1722 wurde es unter Leitung des Leipziger Landbaumeisters David Schatz zwischen 1724 und 1729 umfassend barock umgestaltet. Geplant war ein vierflügeliger Neubau, von dem Nord- und Ostflügel realisiert wurden; Süd- und Westflügel blieben aus der Renaissancezeit erhalten. Die Gestaltung mit einem Mittelrisalit im Nordflügel und einem terrassierten Schlosspark, der durch einen Kanal begrenzt wird, zeigt deutliche Anleihen am Dresdner Barock. Schloss Burgscheidungen hebt sich damit durch seine architektonische Prachtentfaltung und seine landschaftliche Einbindung hervor. Im Vergleich dazu wirkt Schloss Angern etwas einfacher, aber integrativer in die mittelalterliche Topographie eingebettet. Beide Anlagen stehen exemplarisch für die Repräsentationsansprüche der Familie von der Schulenburg in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.

Schloss Bodendorf, ein historisches Rittergut im heutigen Ortsteil Bodendorf der Stadt Haldensleben, wurde Ende des 17. Jahrhunderts von Daniel Ludolf von der Schulenburg erbaut. Es zeichnet sich durch seine barocke Architektur aus rotem Bruchstein und eine 1709 hinzugefügte Schlosskapelle aus, die mit originaler barocker Ausstattung erhalten ist. Im 19. Jahrhundert wurde das Schloss um einen klassizistischen Flügel erweitert, und zwischen 1910 und 1920 entstand ein Treppenturm im Stil der Neurenaissance und des Neubarocks. Die Anlage umfasst zudem einen Gartenpavillon von 1826, ein Taubenhaus von 1777 und eine Parkanlage mit Teichen. Nach der Enteignung der Familie von der Schulenburg im Jahr 1946 diente das Schloss verschiedenen Zwecken, darunter als Pflegeheim, und wurde später von Nachfahren der Familie zurückerworben und saniert. Im Vergleich zu anderen Residenzen der Familie von der Schulenburg, wie Schloss Angern oder Schloss Burgscheidungen, zeigt Schloss Bodendorf eine kontinuierliche architektonische Entwicklung über mehrere Jahrhunderte hinweg. Während Schloss Angern eine Synthese aus mittelalterlicher Topographie und barocker Repräsentation darstellt und Schloss Burgscheidungen durch seine ambitionierte barocke Gestaltung hervorsticht, spiegelt Schloss Bodendorf eine harmonische Verbindung von Barock, Klassizismus und späteren architektonischen Stilen wider. Diese Vielfalt innerhalb der Schulenburgschen Residenzen unterstreicht die unterschiedlichen Repräsentationsansprüche und regionalen Einflüsse der einzelnen Familienzweige.

Angern zeichnet sich innerhalb dieses Spektrums durch seine bewusste Synthese aus mittelalterlicher Topographie und barocker Repräsentation aus. Christoph Daniel von der Schulenburg verband in seiner Residenz Wehrsymbolik (z. B. erhaltene Schießscharte im Turm) mit moderner Wohnkultur (z. B. Rokokosalons, Gartenarchitektur) und positionierte sich so sowohl in der Tradition als auch in der Fortschrittlichkeit seiner Zeit.

Die Nutzung des ab 1738 neu errichteten Herrenhauses in Angern unter General Christoph Daniel von der Schulenburg lässt sich im Kontext des mitteldeutschen Landadels als exemplarisch für den funktionalen und repräsentativen Anspruch barocker Gutshausarchitektur einordnen. Analog zu anderen Adelsresidenzen dieser Zeit gliederte sich das Nutzungsschema in Wohnfunktion , administrative Nutzung , Repräsentation , Sammlungstätigkeit und symbolisch-dynastische Verankerung . Der Rundgang durch das Schloss Angern um 1750 zeigt eindrücklich, wie dieses Haus weit über seine unmittelbaren Wohn- und Verwaltungsfunktionen hinaus als architektonischer Ausdruck adeliger Identität diente. Die Räume fungierten als Träger von Macht, Bildung, Status und genealogischer Erinnerung – sorgfältig gegliedert in öffentliches Auftreten, persönliche Rückzugsräume und repräsentative Ordnung. Der Raum links neben dem Gartensaal um 1750
Das Wasserschloss Angern ist historisch gesehen eher ein Herrenhaus . Es wurde 1341 als Wasserburg auf zwei künstlichen Inseln mit einem siebenstöckigen Turm errichtet. 1631 wurde die Burg im Dreißigjährigen Krieg von kaiserlichen Truppen besetzt, durch die Schweden angegriffen und beim anschließenden Dorfbrand weitgehend zerstört. Die erhaltenen Tonnengewölbe, der Keller des Bergfrieds und Außenmauern der Hauptburg zeigen noch heute die Dimensionen der mittelalterlichen Anlage. Im Jahr 1650 fand in der ruinösen Burganlage eine Kirchenvisitation statt, bewohnt war zu dieser Zeit nur noch ein Teil.
Die bauliche Umgestaltung des Herrenhauses in Angern in den Jahren um 1843 markiert einen tiefgreifenden Wandel in der Nutzung und Raumordnung des Hauses. Unter den Nachfahren des Generals Christoph Daniel von der Schulenburg wurde das barocke Erscheinungsbild durch klassizistische Elemente überformt, die sich sowohl in der Fassadengestaltung als auch in der Raumgliederung widerspiegeln.Es dominierte eine hell verputzte Fassade und eine vereinfachte Tür- und Fensterrahmung. Diese Elemente spiegeln die Orientierung am Ideal der "edlen Einfachheit" wider, wie sie seit Winckelmann als Leitbild klassizistischer Baukunst galt. Dieser Umbau ist im Kontext der Adelsgeschichte des 19. Jahrhunderts als Ausdruck einer funktionalen Anpassung und bürgerlich geprägten Repräsentationskultur zu verstehen. Der Raum links neben dem Gartensaal um 1850
In jedem Jahrhundert erlebt die Familie von der Schulenburg und das Haus in Angern bedeutende Veränderungen, doch sie lassen sich nie entmutigen – immer wieder gelingt ein entschlossener Neuanfang gemäß dem Leitsatz "Halte fest was Dir vertraut". Bis 11. Jahrhundert , 12. Jahrhundert , 13. Jahrhundert , 14. Jahrhundert , 15. Jahrhundert , 16. Jahrhundert , 17. Jahrhundert , 18. Jahrhundert , 19. Jahrhundert , 20. Jahrhundert , 21. Jahrhundert .
Vom höfischen Tableau zur rationalisierten Wohnwelt: Die Wohn- und Funktionsräume des Schlosses Angern spiegeln in exemplarischer Weise den sozialen und kulturellen Wandel des Adels im langen 18. Jahrhundert wider. Zwischen dem Rokoko-inspirierten Repräsentationskonzept unter General Christoph Daniel von der Schulenburg (†1763), der verwaltungstechnisch durchrationalisierten Ordnung unter Friedrich Christoph Daniel (†1821) und dem klassizistischen Umbau unter Edo von der Schulenburg (ab 1841) lassen sich klare strukturelle und ästhetische Entwicklungslinien feststellen. Die verfügbaren Inventare von 1752 (Rep. H 76) und 1821 (Rep. H 79) sowie die bau- und kulturgeschichtliche Beschreibung um 1845 erlauben eine vergleichende Analyse der sich wandelnden Raumfunktionen.
Nach der Zerstörung der Burganlage von Angern im Dreißigjährigen Krieg – dokumentiert etwa 1631 durch den Einfall der Truppen Tillys – blieben nur Teile des Kellers der Vorburg und das Turmgewölbe sowie möglicherweise auch das Tonnengewölbe daneben erhalten. Aus diesen Resten entstand ab etwa 1650 ein schlichter Neubau, der baulich und funktional zwischen ruinöser Burg und barockem Schloss vermittelt. Die neue Wohnanlage umfasste laut Quellenbefund drei Hauptbestandteile: das zweigeschossige Haupthaus, ein einstöckiges Nebengebäude und den dazwischenstehenden Rest des Turms. Letzterer war als solcher zwar funktionslos geworden, aber architektonisch in das Ensemble eingebunden und beherbergte immerhin noch ein bewohnbares Zimmer.
Baupolitik, Raumordnung und Repräsentation auf dem Rittergut Angern um 1734 – Eine Analyse des "Pro Memoria" Christoph Daniel von der Schulenburg im Kontext vergleichbarer Gutsherrschaften. Das Gutsarchiv Angern überliefert mit 31-Punkte umfassenden "Pro Memoria" von 1734 (Rep. H Angern Nr. 409) ein einzigartiges Zeugnis adliger Planungspraxis im 18. Jahrhundert. Christoph Daniel von der Schulenburg, königlich sardischer General und Besitzer des Ritterguts Angern, skizziert darin die umfassende Neugestaltung seiner Besitzung. Das Dokument gewährt Einblick in eine administrative Rationalisierung, ästhetisch-repräsentative Raumgestaltung und die materiellen wie sozialen Strukturen eines barocken Gutes. Im Folgenden wird dieses Bauprogramm analysiert und mit zeitgleichen Gutsherrschaften in Brandenburg-Preußen und Norddeutschland verglichen.
Finanzielle Lasten und Investitionsprioritäten beim Schlossbau in Angern – Eine Analyse der Ausgabenbilanz von 1737. Die Ausgabenbilanz vom 24. Mai 1737 stellt ein aufschlussreiches Dokument über die ökonomischen Rahmenbedingungen und Prioritätensetzungen während der frühen Phase des barocken Schlossbaus in Angern dar. Christoph Daniel Freiherr von der Schulenburg , der damalige Besitzer des Ritterguts, ließ die Anlage ab 1735 unter erheblichen finanziellen Aufwendungen neu errichten. Die Bilanz verzeichnet zwischen 1735 und Mai 1737 Gesamtausgaben in Höhe von 22.026 Talern, 16 Silbergroschen und 8 Pfennig , von denen 9.100 Taler explizit als baugebundene Ausgaben ausgewiesen sind.
Angern

Angern, Sachsen-Anhalt, Landkreis Börde. Heft 20, Berlin 2023 (ISBN: 978-3-910447-06-6).
Alexander Graf von der Schulenburg, Klaus-Henning von Krosigk, Sibylle Badstübner-Gröger.
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft e.V.
Umfang: 36 Seiten, 59 Abbildungen.