Wasserschloss Angern
Das Wasserschloss Angern wurde 1736 im Auftrag von Christoph Daniel v.d. Schulenburg von Friedrich August Fiedler im Rokoko-Stil erbaut und 1843 klassizistisch umformt. Die Ursprünge des Schlosses reichen bis ins Jahr 1341 zurück, als an dieser Stelle eine Wasserburg errichtet wurde.

Die West-, Süd- und Nordseite der Hauptburg Angern um 1350: Struktur und Funktion im Kontext mittelalterlicher Wasserburgenarchitektur. Die Hauptburg der Wasserburg Angern, erbaut um 1341, war Teil eines typischen Verteidigungssystems niederungsgeprägter Burgen im mitteldeutschen Raum. Der Aufbau der West-, Süd- und Nordseite spiegelte die unterschiedlichen funktionalen Anforderungen wider: passive Verteidigung, kontrollierter Zugang sowie interne Verbindung zum Bergfried. Die vorliegende Analyse stützt sich auf historische Quellen (Rep. H Angern Nr. 79; Dorfchronik Angern) sowie auf Vergleiche mit zeitgenössischen Burgen wie Kalbe (Milde) und Beetzendorf (vgl. Bergner 1911; Danneil 1847).

Westseite

Die Westseite der Hauptburg war eine reine Verteidigungsseite ohne größere Anbauten. Errichtet aus unregelmäßigem Feldsteinmauerwerk mit einer Mauerstärke von etwa 1,2 bis 1,5 Metern, diente sie hauptsächlich dem Schutz gegen Angriffe aus dem offenen Gelände. Die Mauer verfügte über eingestreute Schießscharten auf Brusthöhe und einen hölzernen Wehrgang auf der Innenseite — ein typisches Verteidigungselement vergleichbarer Anlagen wie der Burg Kalbe (vgl. Bergner 1911, S. 126). An die Innenseite der Westmauer konnten kleinere Holzkonstruktionen wie Geräteschuppen oder einfache Vorratsunterstände angelehnt gewesen sein. Diese waren funktional und mussten im Belagerungsfall aufgegeben werden können, wie es auch in der Bauordnung für Wasserburgen der Altmark üblich war (vgl. Dehio 1990, S. 11).

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Heutige Ansicht der Westseite der Hauptburg

Die Westseite hatte somit keine repräsentative Funktion, sondern diente hauptsächlich der Verteidigung und der Erschließung der Burg. Ein aktuelles Foto der Westseite der Hauptburg zeigt die heute noch erhaltene Mauerstruktur mit großer Klarheit. Die Mauer besteht im unteren Bereich aus unregelmäßigem Bruchstein, der bis heute auf die spätmittelalterliche Entstehungszeit verweist. Darüber befindet sich eine später aufgesetzte Backsteinschicht, die vermutlich im Zuge barocker oder klassizistischer Umbauten im 18. oder 19. Jahrhundert ergänzt wurde. Der durchgehende Wassergraben vor der Westseite und die topographische Gliederung des Burggrabens bestätigen die funktionale Rolle der Westseite als kontrollierter Zugang und Verteidigungsabschnitt. Das Foto stützt somit in eindrucksvoller Weise die Rekonstruktion der Westseite im 14. Jahrhundert. Auffällig sind die im oberen Bereich der Mauer sichtbaren zugemauerten Fensteröffnungen. Diese zeugen von einer veränderten Nutzung der dahinterliegenden Räume in späteren Bauphasen. Der Wandel von Wohn- oder Arbeitsnutzung zu Lager- oder Schutzraum ist hier ebenso denkbar wie bauliche Konsolidierungsmaßnahmen. Solche Veränderungen lassen sich auch an vergleichbaren Burganlagen der Region beobachten und belegen die vielschichtige Nutzungsgeschichte der Westseite von Angern. 

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KI generierte Ansicht eines typischen Anbaus an eine Ringmauer

Südseite

Die Südseite der Hauptburg diente als Schnittstelle zwischen der Hauptburg und der auf einer separaten Insel gelegenen Bergfriedanlage. Hier befand sich die fest installierte Zubrücke, die in das erste Obergeschoss des Bergfrieds führte. Diese Bauweise — Zugang zum Turm nur über eine erhöhte Brücke — ist aus zahlreichen Vergleichsanlagen belegt, etwa an der Neuenburg in Freyburg ("Dicker Wilhelm") und der Burg Hanstein (vgl. Busse 2002, S. 75). Die Mauerstruktur an der Südseite entsprach im Übrigen derjenigen der Westseite: massive Feldsteinmauern mit hölzernem Wehrgang und Verteidigungsscharte. Zusätzliche bauliche Stärkung dürfte im Bereich der Brückenanbindung erfolgt sein, um einen eventuellen Durchbruch zu verhindern.

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KI generierte Ansicht eines Anbaus an die Ringmauer

Nordseite

Die Nordseite bildete die Hauptzugangsfront der Hauptburg. Hier war das Pforthaus platziert — ein kleiner Bau aus Feldsteinsockel und Fachwerkaufsatz, über eine hölzerne Zugbrücke mit der Vorburginsel verbunden. Der Eingang war durch ein schweres hölzernes Flügeltor und zusätzliche innere Sicherungsvorrichtungen wie Querriegel geschützt (vgl. Danneil 1847). An das Pforthaus schlossen sich möglicherweise kleinere Anbauten für Wachpersonal und Lagerzwecke an. Dieser Zugang war zugleich die größte Schwachstelle der Burg und deshalb besonders massiv gesichert — eine Charakteristik, die sich auch bei anderen Wasserburgen der Region wie in Beetzendorf nachweisen lässt (vgl. Dehio 1990).

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Nordansicht mit Brücke aus dem 19. Jahrhundert

Zusammenfassung

Die West-, Süd- und Nordseite der Hauptburg Angern folgten einem klaren funktionalen Konzept: passive Verteidigung im Westen, strategische Verbindung zum Bergfried im Süden und ein stark gesicherter Hauptzugang im Norden. Diese Struktur entspricht den Anforderungen einer Wasserburg im spätmittelalterlichen Verteidigungsbau der Altmark und belegt die Anpassung der Anlage an lokale topographische und politische Verhältnisse.

Quellen

  • Bergner, Heinrich: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Wolmirstedt. Halle a. d. S., 1911.
  • Danneil, Johann Friedrich: Das Geschlecht der von der Schulenburg, Bd. 1. Salzwedel, 1847.
  • Dehio, Georg: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Sachsen-Anhalt I, Der Bezirk Magdeburg. München/Berlin, 1990.
  • Busse, Peter: Burgen in Sachsen-Anhalt. Eine historische Einführung. Halle, 2002.
Die Nutzung des ab 1738 neu errichteten Herrenhauses in Angern unter General Christoph Daniel von der Schulenburg lässt sich im Kontext des mitteldeutschen Landadels als exemplarisch für den funktionalen und repräsentativen Anspruch barocker Gutshausarchitektur einordnen. Analog zu anderen Adelsresidenzen dieser Zeit gliederte sich das Nutzungsschema in Wohnfunktion , administrative Nutzung , Repräsentation , Sammlungstätigkeit und symbolisch-dynastische Verankerung . Der Rundgang durch das Schloss Angern um 1750 zeigt eindrücklich, wie dieses Haus weit über seine unmittelbaren Wohn- und Verwaltungsfunktionen hinaus als architektonischer Ausdruck adeliger Identität diente. Die Räume fungierten als Träger von Macht, Bildung, Status und genealogischer Erinnerung – sorgfältig gegliedert in öffentliches Auftreten, persönliche Rückzugsräume und repräsentative Ordnung. Der Raum links neben dem Gartensaal um 1750
Die Wasserburg Angern hat eine lange und komplexe Geschichte, die bis ins 14. Jahrhundert zurückreicht. Sie wurde erstmals 1336 urkundlich erwähnt, als es zwischen dem Erzbischof von Magdeburg und dem Markgrafen von Brandenburg zu einer Einigung über die Besitzverhältnisse in der südlichen Altmark kam. 1341 ließ Erzbischof Otto von Magdeburg an dieser Stelle eine Wasserburg errichten. Ob es sich dabei um einen Neubau oder die Verstärkung einer bereits vorhandenen Anlage handelte, ist unklar. Die Burg war von einem tiefen Graben umgeben und verfügte über einen siebenstöckigen Turm, der das Bauwerk dominierte. Es handelte sich wahrscheinlich um einen Feldsteinbau, wie die Mauerreste an der Brücke vermuten lassen.
Das Wasserschloss Angern ist historisch gesehen eher ein Herrenhaus . Es wurde 1341 als Wasserburg auf zwei künstlichen Inseln mit einem siebenstöckigen Turm errichtet. 1631 wurde die Burg im Dreißigjährigen Krieg von kaiserlichen Truppen besetzt, durch die Schweden angegriffen und beim anschließenden Dorfbrand weitgehend zerstört. Die erhaltenen Tonnengewölbe, der Keller des Bergfrieds und Außenmauern der Hauptburg zeigen noch heute die Dimensionen der mittelalterlichen Anlage. Im Jahr 1650 fand in der ruinösen Burganlage eine Kirchenvisitation statt, bewohnt war zu dieser Zeit nur noch ein Teil.
Die bauliche Umgestaltung des Herrenhauses in Angern in den Jahren um 1843 markiert einen tiefgreifenden Wandel in der Nutzung und Raumordnung des Hauses. Unter den Nachfahren des Generals Christoph Daniel von der Schulenburg wurde das barocke Erscheinungsbild durch klassizistische Elemente überformt, die sich sowohl in der Fassadengestaltung als auch in der Raumgliederung widerspiegeln.Es dominierte eine hell verputzte Fassade und eine vereinfachte Tür- und Fensterrahmung. Diese Elemente spiegeln die Orientierung am Ideal der "edlen Einfachheit" wider, wie sie seit Winckelmann als Leitbild klassizistischer Baukunst galt. Dieser Umbau ist im Kontext der Adelsgeschichte des 19. Jahrhunderts als Ausdruck einer funktionalen Anpassung und bürgerlich geprägten Repräsentationskultur zu verstehen. Der Raum links neben dem Gartensaal um 1850
In jedem Jahrhundert erlebt die Familie von der Schulenburg und das Haus in Angern bedeutende Veränderungen, doch sie lassen sich nie entmutigen – immer wieder gelingt ein entschlossener Neuanfang gemäß dem Leitsatz "Halte fest was Dir vertraut". Bis 11. Jahrhundert , 12. Jahrhundert , 13. Jahrhundert , 14. Jahrhundert , 15. Jahrhundert , 16. Jahrhundert , 17. Jahrhundert , 18. Jahrhundert , 19. Jahrhundert , 20. Jahrhundert , 21. Jahrhundert .
Vom höfischen Tableau zur rationalisierten Wohnwelt: Die Wohn- und Funktionsräume des Schlosses Angern spiegeln in exemplarischer Weise den sozialen und kulturellen Wandel des Adels im langen 18. Jahrhundert wider. Zwischen dem Rokoko-inspirierten Repräsentationskonzept unter General Christoph Daniel von der Schulenburg (†1763), der verwaltungstechnisch durchrationalisierten Ordnung unter Friedrich Christoph Daniel (†1821) und dem klassizistischen Umbau unter Edo von der Schulenburg (ab 1841) lassen sich klare strukturelle und ästhetische Entwicklungslinien feststellen. Die verfügbaren Inventare von 1752 (Rep. H 76) und 1821 (Rep. H 79) sowie die bau- und kulturgeschichtliche Beschreibung um 1845 erlauben eine vergleichende Analyse der sich wandelnden Raumfunktionen.
Dieser Rundgang durch die Burg Angern um das Jahr 1350 basiert auf einer sorgfältigen Rekonstruktion historischer Quellen, archäologischer Befunde und baugeschichtlicher Analysen. Alle Szenen, Räume und Details wurden unter Berücksichtigung realer Gegebenheiten der mittelalterlichen Anlage entwickelt – etwa der erhaltenen Tonnengewölbe, der typischen Bauweise von Palas, Bergfried und Wirtschaftsflügeln sowie Hinweise aus Inventaren und schriftlichen Überlieferungen. Ziel ist es, nicht nur die äußere Gestalt, sondern auch die Atmosphäre und Lebenswelt einer spätmittelalterlichen Burg erlebbar zu machen – so nah wie möglich an der historischen Realität, doch mit erzählerischer Tiefe. Die Bilder zeigen fotorealistische Rekonstruktionen der Burg Angern um 1350. Sie basieren auf archäologischen Befunden, historischen Quellen und vergleichbarer Bausubstanz – realitätsnah umgesetzt mit moderner KI-Technik. Von der Vorburg zum Pforthäuschen
Die bisherigen Beobachtungen lassen erkennen, dass die Burg Angern eine herausragend vollständige hochmittelalterliche Bau- und Erschließungsstruktur bewahrt hat. Besonders hervorzuheben ist die nahezu vollständig erhaltene Grundrissstruktur des Palas Erdgeschosses mit zentralem Flur, einem bauzeitlichen Umkehrgang und der originalen Treppenanlage ins Obergeschoss. Der Umkehrgang, als bewusst angelegtes Verteidigungselement, dokumentiert anschaulich die funktionale Sicherheitslogik hochmittelalterlicher Wasserburgen. Ergänzend belegt das erhaltene Eingangsgewände aus sorgfältig gearbeitetem dunkelgrauem, feinkörnigem Naturstein die hochwertige bauliche Ausführung des Palas und ordnet sich stilistisch in den Kontext vergleichbarer Burgen der Region ein. Seine Erhaltung bestätigt die Bauphase der Anlage um 1340–1350.
Angern

Angern, Sachsen-Anhalt, Landkreis Börde. Heft 20, Berlin 2023 (ISBN: 978-3-910447-06-6).
Alexander Graf von der Schulenburg, Klaus-Henning von Krosigk, Sibylle Badstübner-Gröger.
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft e.V.
Umfang: 36 Seiten, 59 Abbildungen.