Das Geschlecht derer von der Schulenburg ist eines der ältesten Adelsgeschlechter Deutschlands, dessen Wurzeln bis ins 13. Jahrhundert zurückreichen.
Der Zusammenbruch des Dritten Reichs ist einer der zentralen historischen Bezugspunkte im Tagebuch von Graf Sigurd Wilhelm Christoph Daniel von der Schulenburg-Angern. Seine Schilderungen und Reflexionen bieten einen tiefen Einblick in die Wahrnehmung dieses epochalen Umbruchs aus Sicht eines konservativen, christlich geprägten Adligen im Mai 1945. Der Tagebuchtext ist ein außergewöhnliches Beispiel für eine konservative, religiös durchdrungene Deutung des Zusammenbruchs des Dritten Reichs. Sigurd verurteilt das NS-Regime als gottlos, moralisch verwerflich und letztlich zerstörerisch für das deutsche Volk. Er betrachtet den 8. Mai 1945 nicht als totale Niederlage, sondern als göttlich gelenkten Wendepunkt – eine Haltung, die im unmittelbaren Nachkriegsdeutschland nicht selbstverständlich war.
Zwischen Lazarett und Heimatverlust. Nach seiner Rückkehr aus amerikanischer Internierung am 21. Mai 1945 fand Sigurd von der Schulenburg das Schloss Angern in einem Zustand vor, der das gesamte Ausmaß der kriegsbedingten Umwälzungen widerspiegelte. In den letzten Kriegsmonaten und unmittelbar nach der Kapitulation am 8. Mai 1945 war das Herrenhaus – wie viele adlige Gutsbesitze in Mitteldeutschland – militärisch und zivil umfunktioniert worden: Es diente als Lazarett für verwundete deutsche Kriegsgefangene, anschließend als ziviles Krankenhaus mit einer Frauenklinik (es wurden dort mehrere Kinder geboren, drei Frauen starben), und als Unterkunft für ausgebombte Zivilisten und Evakuierte.
Zwischen Hoffnung, Kontrollverlust und Angst. Das Jahr 1945 markiert einen tiefgreifenden Wendepunkt in der deutschen Geschichte. Das Ende des Zweiten Weltkriegs bringt nicht nur militärische Niederlage, sondern auch einen politischen und gesellschaftlichen Umbruch mit sich. Im Mittelpunkt dieser Publikation steht das Dorf Angern in der Altmark und insbesondere das Tagebuch von Sigurd Wilhelm Christoph Daniel Graf von der Schulenburg, letzter Fideikommissherr auf Schloss Angern. Seine Aufzeichnungen zwischen Mai und August 1945 geben einen authentischen Einblick in die Erfahrungen der Besatzungszeit, den Wechsel der Machtverhältnisse und die tiefgreifenden psychologischen Auswirkungen auf die dort lebende Bevölkerung.
Zwischen Furcht und Fassung. Besonders eindrücklich schildert das Tagebuch den Umgang mit der heranrückenden Roten Armee – zwischen tief verwurzelter Angst, beobachteter Realität und ideologisch-religiös geprägten Deutungsmustern. Das Tagebuch des Grafen Sigurd Wilhelm Christoph Daniel von der Schulenburg aus dem Jahr 1945 (Gutsarchiv Angern) dokumentiert ein ambivalentes Erleben der sowjetischen Besatzung. Zwischen tiefer Angst und beobachteter Zurückhaltung, zwischen individueller Erleichterung und kollektiver Verzweiflung, entwickelt sich ein Spannungsfeld, das für viele Menschen in der SBZ typisch war. Das persönliche Zeugnis des Grafen von der Schulenburg ist dabei nicht nur ein historisches Dokument, sondern auch ein Spiegel des inneren Ringens einer untergehenden gesellschaftlichen Ordnung mit einer neuen, fremden Macht.
In wenigen Monaten wurde aus einem aristokratischen Gutsbesitzer ein Entrechteter, dessen geistiger Widerstand sich auf Worte und Gebete beschränkte. Sein Tagebuch dokumentiert eindringlich die Sprachlosigkeit des alten Deutschlands gegenüber der neuen Machtstruktur, aber auch die Unfähigkeit, sich mit ihr zu arrangieren oder sie als Teil einer gerechteren Zukunft zu verstehen. Die politische Lage in Mitteldeutschland im Jahr 1945 war durch einen tiefgreifenden Umbruch geprägt.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Das wirtschaftliche Leben in Mitteldeutschland 1945 war geprägt von Mangel, Improvisation und politisch gesteuertem Umbruch. Die traditionelle Agrarstruktur wurde aufgelöst, ohne dass ein stabiles neues System bereits funktionierte. Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs am 8. Mai 1945 lag die deutsche Wirtschaft weitgehend am Boden: Verkehrswege waren zerstört, Versorgungsketten unterbrochen, Währungs- und Preissysteme kollabiert, und in der Landwirtschaft herrschte akute Personalnot. Die zentrale Industrieproduktion war zusammengebrochen, die Städte waren vielfach ausgebrannt – und auf dem Land fehlten Arbeitskräfte, Maschinen, Zugtiere und Treibstoff.
Die Tagebuchaufzeichnungen von Graf Sigurd Wilhelm Christoph Daniel von der Schulenburg-Angern aus dem Jahr 1945 dokumentieren eindrucksvoll die tiefgreifenden gesellschaftlichen und politischen Umwälzungen in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ). Ein zentrales Thema dabei ist die Bodenreform und die entschädigungslose Enteignung von Großgrundbesitzern wie der Familie von der Schulenburg. Die Bodenreform von 1945 war eine der folgenreichsten politischen Maßnahmen in der sowjetischen Besatzungszone. Für Familien wie die von der Schulenburg bedeutete sie nicht nur den wirtschaftlichen Zusammenbruch, sondern auch den Verlust ihrer angestammten Rolle in der Gesellschaft.