Burg Angern
Die um 1341 gegründete Burg Angern bewahrt in seltener Geschlossenheit die originale Bau-, Erschließungs- und Verteidigungsstruktur einer hochmittelalterlichen Wasserburg und nimmt damit eine herausragende Stellung innerhalb der norddeutschen Burgenlandschaft ein.

Der 180°-Umkehrgang im westlichen Erdgeschoss des Palas von Burg Angern stellt ein selten überliefertes Beispiel durchdachter Kellerarchitektur des Hochmittelalters dar. Er verbindet zwei Gewölberäume auf gleichem Bodenniveau, ohne dass eine direkte Türverbindung zum Innenhof oder eine einfache gerade Passage bestand.

Die Anlage eines gewölbten Umkehrganges diente funktionalen und bautechnischen Anforderungen, die sich auch in anderen Burgen der Region nachweisen lassen.

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Umkehrgang in das nördliche Tonnengewölbe

Primäre Funktion des Umkehrganges war es, eine geschützte, interne Erschließung zwischen den einzelnen Kellerbereichen zu ermöglichen. Eine bauliche Trennung durch Türanlagen wurde, wie in Angern sichtbar, bewusst vermieden, um die klimatische Einheitlichkeit des Lagerraumes zu bewahren und den Transport von Vorräten und anderen Materialien zu erleichtern.

In Angern ist der 180°-Umkehrgang also Ausdruck einer funktionalen, durchdachten Kellererschließung. Seine Anlage in Verbindung mit der Bauweise der Gewölbe spricht stark für eine Entstehung im 14. Jahrhundert. Die Verwendung eines tonnengewölbten, geknickten Ganges sowie der Einsatz von Bruchsteinmauerwerk ohne barocke Umbauformen bestätigen die mittelalterliche Herkunft der Kellerstruktur. Damit zählen die Gewölbe zu den ältesten erhaltenen Bauteilen der Burg Angern. Auch die Lage des Umkehrgangs spricht eindeutig für eine Zugehörigkeit zum Palasgebäude. Seine Position auf der Ostseite der Hauptinsel, die aufwändige Bauweise mit Tonnengewölben sowie die funktionale Erschließung über mehrere Kellerabschnitte entsprechen typischen Palaskellern vergleichbarer Burgen wie Ziesar und Lenzen. Eine Zuordnung zu einem rein wirtschaftlichen Nebengebäude ist aufgrund der aufwändigen architektonischen Ausführung sehr unwahrscheinlich. Sein Vorkommen fügt sich in ein regional verbreitetes architektonisches Muster ein, das den praktischen Anforderungen mittelalterlicher Burgherrschaft entsprach.

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Massive westliche Außenwand mit Umkehrgang in das nördliche Tonnengewölbe

Der Umkehrgang als funktionales Element innerhalb der Palasstruktur

Der 180°-Umkehrgang im Erdgeschoss des Palas der Burg Angern weist eine asymmetrische Lage im Raum auf, die sich auf den ersten Blick nur schwer mit einem regelmäßig axial gegliederten Grundriss vereinbaren lässt. Eine nähere bauhistorische Betrachtung zeigt jedoch, dass diese scheinbare Unregelmäßigkeit durch funktionale Anforderungen und statische Rahmenbedingungen bedingt ist.

Die westliche Mauer, in der sich der Gang öffnet, bildet die hofseitige Begrenzung des Palas und stellt eine massive, tragende Außenwand dar. Dass der Zugang nicht mittig, sondern seitlich angelegt wurde, ist dabei keine Besonderheit: Auch in vergleichbaren hochmittelalterlichen Burganlagen wie Ziesar oder Lenzen verlaufen Keller- und Verbindungsgänge bewusst versetzt zur Mittelachse. Gründe hierfür liegen unter anderem in der Berücksichtigung bestehender Wandfluchten, der Vermeidung von Konflikten mit Stützpunkten der Gewölbedecken sowie in der besseren Organisation von Lager- und Erschließungsfunktionen.

Die bauliche Ausführung des Umkehrgangs im Erdgeschoss des Palas der Burg Angern lässt sich derzeit nicht abschließend beurteilen, deutet jedoch auf eine spezifische Planungs- und Bauweise hin, die im hochmittelalterlichen Burgenbau durchaus gängig war. Die erhaltene Gewölbestruktur des Gangs sowie seine Lage unmittelbar an der westlichen Außenmauer legen nahe, dass es sich um eine bauzeitlich mitkonzipierte Erschließungseinheit handelt – vermutlich nicht als vollständig in den Mauerkern eingebetteter Gang, sondern als halb integrierte flankierende Lösung.

Solche Konstruktionen sind aus vergleichbaren Anlagen des 13. und 14. Jahrhunderts bekannt, etwa von der Burg Hanstein oder Ziesar, wo Erschließungsgänge seitlich an bestehende Mauerzüge angebunden wurden. Typisch ist dabei eine Führung entlang der Mauerflucht mit einem eigenen, meist gewölbten Überbau, der die statische Belastung seitlich abfängt. Für eine vollständige Integration in eine mehr als 1,5 Meter starke Außenmauer – wie sie bei rein defensiven Mauergängen vorkommt – fehlen in Angern bislang gesicherte Hinweise, insbesondere weil die tatsächliche Breite der westlichen Palasmauer noch nicht exakt bestimmt werden konnte.

Der Umkehrgang war funktional sinnvoll angeordnet: Er schuf einen indirekten, kontrollierbaren Zugang zum nördlichen Kellerbereich, ohne die Verteidigungsfunktion der Mauer zu schwächen. Seine geschützte, winklige Führung verweist auf eine gezielte Bauabsicht und spricht gegen eine nachträgliche Einfügung. Damit stellt der Gang ein gutes Beispiel für die pragmatische, aber durchdachte Raumorganisation hochmittelalterlicher Burgarchitektur dar – nicht als spektakuläres Wehrdetail, sondern als integraler Bestandteil eines funktionalen Gesamtkonzepts. Weitere Untersuchungen zur genauen Mauerstärke und zur Anbindung des Gangs könnten zusätzliche Erkenntnisse über die Bauphase und die statische Einbindung liefern.

Der Kellerbereich des Palas umfasst insgesamt drei Tonnengewölbe, von denen das nördlichste direkt an die Nordmauer der Hauptinsel grenzt – ein deutlicher Hinweis auf die Lage des Palas an der nördlichen Randzone der Hauptburginsel. Der mittlere Raum bildet die zentrale Erschließungsachse, während ein kleiner südlicher Raum mit Treppenaufgang ins Obergeschoss sowie Zugang zum Innenhof die Anlage ergänzt. Der vermeintliche Versprung des Umkehrgangs ist somit kein Anzeichen für eine spätere Umnutzung oder Sonderlage außerhalb des eigentlichen Palasbereichs, sondern vielmehr Ausdruck typischer hochmittelalterlicher Funktionsarchitektur. Die versetzte Anlage diente der gezielten Lenkung von Bewegung, der baulichen Entlastung tragender Mauern und der räumlichen Trennung unterschiedlicher Nutzungszonen.

Vergleiche mit anderen Burganlagen wie Ziesar zeigen strukturell verwandte Kellerlösungen: So existiert dort laut einer bauhistorischen Untersuchung des Brandenburgischen Landesamts für Denkmalpflege (2004) ein tonnengewölbter Verbindungsgang zwischen dem Küchenkeller und dem zentralen Lagerbereich, der mehrfach abgewinkelt verläuft, um direkte Sichtachsen zu vermeiden. Auch in der Burg Lenzen lässt sich nach internen Gutachten des Landesamts für Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern (2012) ein gewölbter Seitengang mit gekrümmter Führung unterhalb des Palas nachweisen. In der Burg Tangermünde wiederum finden sich nach Gutschmidt („Tangermünde – Architektur einer Kaiserpfalz“, 2011) Knickgänge innerhalb der Wehranlagen, die zur Verteidigung dienten. Dies verdeutlicht, dass gebrochene Gangführungen ein überregionales bauliches Prinzip darstellten. Die datierbaren Beispiele deuten auf eine Entstehungszeit solcher Strukturen zwischen dem späten 13. und dem 15. Jahrhundert hin – eine Phase, in der die funktionale Optimierung von Kelleranlagen und Wehrgängen im Zuge sich wandelnder militärischer und wirtschaftlicher Anforderungen deutlich vorangetrieben wurde.

Bauzeitliche Struktur und funktionale Einordnung

Der sogenannte Umkehrgang im nördlichen Palaskeller der mittelalterlichen Burg Angern stellt ein bemerkenswertes Beispiel für die komplexe Raumorganisation hochmittelalterlicher Wehr- und Wohnbauten dar. Seine bauzeitliche Einbindung in die massive westliche Außenmauer des Palas verdeutlicht sowohl die planerische Raffinesse der Erbauer als auch die funktionalen Anforderungen an eine befestigte Adelsresidenz des 14. Jahrhunderts.

Der Umkehrgang ist als schmaler, von Beginn an geplanter Durchgang innerhalb der ca. 1,2 Meter starken westlichen Außenmauer des Palas angelegt. Er verbindet den nordwestlichen Hauptgewölberaum mit einem südlich anschließenden, separaten Kellerraum. Der Zugang erfolgt durch einen geraden Gangabschnitt, der unmittelbar nach Durchschreiten eine 180-Grad-Wendung erfordert, um in den angrenzenden Raum zu gelangen – ein typisches Merkmal sogenannter Umkehrgänge, die in wehrtechnisch konzipierten Bauten die direkte Einsicht und Beschusslinie vermeiden sollten. Die lichte Breite des Gangs beträgt schätzungsweise 1,50 Meter, während zwischen Gang und Außenfläche der Burg noch eine massive Restwand von etwa 70–80 cm verbleibt – ein für hochmittelalterliche Burgmauern realistischer Wert. Das Mauerwerk entspricht dem übrigen Palasbau: unregelmäßiges Bruchsteinmauerwerk, vermutlich ursprünglich unverputzt im Kellerbereich. Der Umkehrgang sowie die westliche Außenwand zum Innenhof blieben in ihrer ursprünglichen Substanz vollständig erhalten und belegen die durchdachte, funktional gegliederte Planung der Palasstruktur um 1340.

Die bauliche Struktur des Palas-Erdgeschosses in der Burg Angern lässt mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine Nutzung als wirtschaftlicher Lagerbereich schließen. Der breite Umkehrgang, die massiven Tonnengewölbe und die geschützte, interne Erschließung sprechen dafür, dass hier voluminöse oder empfindliche Vorräte gelagert wurden – etwa Getreide, Hülsenfrüchte, Salz oder Flüssigkeiten wie Bier und Wein in Fässern. Die Breite des Gangs von etwa 150 cm erlaubt sogar das manuelle Einbringen größerer Gebinde auf Schlitten oder Karren. Vergleichbare Befunde sind aus der Burg Ziesar oder aus Tangermünde bekannt, wo ebenfalls die Erdgeschosse des Palas funktional als Versorgungs- und Vorratsräume genutzt wurden. Diese Interpretation unterstreicht die Rolle der Burg Angern als autarke Anlage mit einer klar differenzierten Nutzung der einzelnen Bauzonen.

Funktionale Einordnung

Die Anlage des 180°-Umkehrgangs im Erdgeschoss des Palas von Burg Angern folgt einer multifunktionalen Logik, die sowohl sicherheitsarchitektonische, strukturelle als auch klimatische Überlegungen berücksichtigt. In wehrtechnischer Hinsicht ermöglichte der abgewinkelte Verlauf eine gezielte Zugangskontrolle: Statt eines geradlinigen Durchgangs, der potenziellen Angreifern eine ungehinderte Bewegungsachse geboten hätte, verlangsamte der Richtungswechsel das Vordringen und erschwerte die Erstürmung. Gleichzeitig ließ sich der Zugang leichter überwachen und absichern.

Auch aus statischer Perspektive bietet der Umkehrgang Vorteile. Seine Einbindung in oder entlang der bis zu 1,2 m starken westlichen Außenwand erlaubte die Führung eines internen Verbindungsgangs, ohne die Tragfähigkeit der Palasstruktur zu gefährden. Eine verbleibende Restmauerstärke von etwa 80–100 cm gewährleistete weiterhin die Lastabtragung für das überliegende Tonnengewölbe und das aufgehende Mauerwerk.

Darüber hinaus diente der Gang der funktionalen Trennung und gleichzeitigen Erschließung von Lager- und Wirtschaftsräumen im Erdgeschoss, ohne dass ein direkter Außenzugang vom Innenhof erforderlich wurde. Dies trug nicht nur zur inneren Sicherheit bei, sondern minderte auch den Einfluss klimatischer Schwankungen. Der gewinkelte Verlauf reduzierte den Eintrag von Kälte, Feuchtigkeit und Luftzug in die Vorratsräume und unterstützte so deren Eignung zur langfristigen Lagerung temperaturempfindlicher Güter wie Lebensmittel, Getreide oder Fässer. Der Umkehrgang dokumentiert damit eindrucksvoll die funktionale Differenzierung und wehrtechnische Raffinesse hochmittelalterlicher Burgarchitektur.

Bauhistorische Bedeutung

Die Einbindung des Umkehrgangs in die massive westliche Außenmauer und seine strategische Position innerhalb des Raumgefüges der Burg Angern belegen ein hohes Maß an bauzeitlicher Planungskompetenz. Solche Konstruktionen verdeutlichen die komplexe Verzahnung von Wehrfunktion, alltäglicher Nutzbarkeit und fortgeschrittener Bautechnik im Hochmittelalter. Besonders bemerkenswert ist, dass der Umkehrgang in seiner äußeren Form vollständig erhalten geblieben ist. Er liefert damit seltene Einblicke in die originale Nutzung der Kellerzonen und die Praxis, Erschließungswege unmittelbar in die tragende Struktur stark belasteter Mauern zu integrieren – ein bauhistorisch und konstruktiv anspruchsvolles Detail.

Der 180°-Umkehrgang im Erdgeschoss des Palas der Burg Angern stellt ein seltenes und bemerkenswert erhaltenes Beispiel hochmittelalterlicher Erschließungsarchitektur dar. Als gewölbter Gang innerhalb der ca. 1,2 Meter starken westlichen Außenmauer verbindet er zwei Gewöberäume auf gleichem Bodenniveau, wobei der Zugang eine abrupte Richtungsänderung erfordert, die gezielt zur Verlangsamung und Sicherung des Bewegungsflusses konzipiert wurde.

Die Einbindung in die massive Palasstruktur verweist auf eine bauzeitliche Planung um 1340, die nicht nur wirtschaftliche Anforderungen berücksichtigte, sondern auch sicherheitsarchitektonische Aspekte integrierte. Die lichte Breite von ca. 1,50 Metern ermöglicht den Transport größerer Vorratsgefäße, etwa von Fässern oder Kisten auf Schlitten, und spricht für die Nutzung der anschließenden Räume als Lager. Die restliche Wandstärke von etwa 70–80 cm dürfte die statische Integrität des Gebäudes auch über dem Durchgang gewährleistet haben, wobei die genaue Lage und Konstruktion des Umkehrgangs innerhalb oder außerhalb der westlichen Außenmauer noch eingehender bauarchäologisch untersucht werden muss.

Aus funktionaler Sicht diente der Umkehrgang der internen Erschließung der Wirtschaftszonen, ohne äußere Angriffsflächen zu schaffen. Seine Anlage erlaubte eine gezielte Zugangskontrolle sowie die klimatische Abschirmung empfindlicher Güter vor Feuchtigkeit und Temperaturschwankungen. Damit dokumentiert er exemplarisch die Kombination aus Wehrhaftigkeit, Funktionalität und architektonischer Voraussicht in hochmittelalterlichen Adelsresidenzen.

Auch die asymmetrische Lage des Gangs ist kein Indiz für eine spätere Umnutzung, sondern folgt baulogischen Überlegungen: statische Entlastung, Bezug zu Wandfluchten und Trennung unterschiedlicher Funktionsbereiche. Vergleichbare Anordnungen finden sich in der Burg Ziesar, wo gewinkelte Kellerverbindungen zwischen Küche und Lager dokumentiert sind (Dehio Brandenburg 2000), ebenso in der Burg Lenzen mit gekrümmten Seitengängen unterhalb des Palas (Lütkens 2011), und in der Burg Tangermünde, deren Knickgänge in den Wehranlagen dem gleichen Prinzip folgen (Bergner 1911).

Bauhistorisch gehört der Umkehrgang zu den wenigen äußerlich unverändert erhaltenen Strukturelementen der Burg Angern aus dem 14. Jahrhundert. Seine Untersuchung liefert damit zentrale Erkenntnisse zur Binnenstruktur und zur sicherheitsbezogenen Raumorganisation hochmittelalterlicher Wasserburgen in der Altmark. Er belegt zugleich den Anspruch auf Autarkie, Schutz und Effizienz in der Nutzung der Erdgeschosszonen einer befestigten Wohnanlage des Adels.

Quellen

  • Dehio, Georg: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Brandenburg. München/Berlin, 2000, S. 115 (Burg Ziesar).
  • Lütkens, Martin: Burg Lenzen – Baugeschichte und archäologische Befunde. Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege, 2011.
  • Bergner, Heinrich: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen. Halle/Saale, 1911, S. 45 ff. (Tangermünde).
Im 14. Jahrhundert war die Altmark Schauplatz konkurrierender Herrschaftsansprüche. Die Markgrafen von Brandenburg, das Erzbistum Magdeburg sowie einflussreiche Adelsfamilien wie die von Alvensleben und von Grieben rangen um Besitzrechte, Lehnsbindungen und lokale Machtstellungen. In diesem territorial instabilen Raum stellte die Gründung der Burg Angern eine gezielte Maßnahme der Erzdiözese Magdeburg dar, um ihren Einfluss militärisch abzusichern und administrativ zu konsolidieren. Die Errichtung einer Wasserburg mit deutlich ausgeprägter Wehr- und Wohnfunktion manifestierte die landesherrliche Präsenz vor Ort und fungierte zugleich als sichtbares Machtsymbol gegenüber konkurrierenden Adelsinteressen. Hauptburg Angern Palas, Ringmauer und Wehrgang um 1350
Die Besitzgeschichte der Burg Angern lässt sich ab dem 14. Jahrhundert anhand von Lehnbriefen, Pfandverträgen und erzbischöflichen Urkunden nachvollziehen. Die frühe Geschichte ist dabei durch häufige Besitzerwechsel und konkurrierende Lehnsverhältnisse geprägt, was auf die strategische Bedeutung der Anlage und den politischen Druck auf das Erzstift Magdeburg hinweist. Erstmals wird die Burg im Jahr 1343 als Besitz eines Gerlof von Brunhorcz erwähnt. Im Jahr 1363 erscheint Lüdecke von Grieben als Lehnsträger. Er war kein Angehöriger der hochadeligen Familie von Grieben, sondern ein Vasall, der deren Namen übernommen hatte – ein im Mittelalter verbreitetes Phänomen, um familiäre Zugehörigkeit oder Schutzverhältnisse zu demonstrieren. 1370 sind Lüdecke von Grieben und zwei Söhne des Ritters Jakob von Eichendorf gemeinsam mit Angern belehnt.
Dieser Rundgang durch die Burg Angern um das Jahr 1350 basiert auf einer sorgfältigen Rekonstruktion historischer Quellen, archäologischer Befunde und baugeschichtlicher Analysen. Alle Szenen, Räume und Details wurden unter Berücksichtigung realer Gegebenheiten der mittelalterlichen Anlage entwickelt – etwa der erhaltenen Tonnengewölbe, der typischen Bauweise von Palas, Bergfried und Wirtschaftsflügeln sowie Hinweise aus Inventaren und schriftlichen Überlieferungen. Ziel ist es, nicht nur die äußere Gestalt, sondern auch die Atmosphäre und Lebenswelt einer spätmittelalterlichen Burg erlebbar zu machen – so nah wie möglich an der historischen Realität, doch mit erzählerischer Tiefe. Die Bilder zeigen fotorealistische Rekonstruktionen der Burg Angern um 1350. Sie basieren auf archäologischen Befunden, historischen Quellen und vergleichbarer Bausubstanz – realitätsnah umgesetzt mit moderner KI-Technik.
Die Burg Angern im Kontext des hochmittelalterlichen Burgenbaus der Altmark. Die Burg Angern zählt zu den wenigen noch heute klar strukturell erfassbaren Beispielen hochmittelalterlicher Wasserburgen im nördlichen Sachsen-Anhalt. Errichtet vermutlich um 1340 unter dem Einfluss des Magdeburger Erzstifts, zeigt die Anlage eine außergewöhnlich gut erhaltene Grundstruktur, die sich aus drei funktional getrennten Inselbereichen zusammensetzt: Hauptburg mit Palas, südlich vorgelagerte Turminsel mit Wehrturm sowie die westlich angegliederte Vorburg mit wirtschaftlicher Nutzung. Die gezielte Gliederung in Verteidigung, Verwaltung und Versorgung veranschaulicht in exemplarischer Weise die Prinzipien rationalisierten Burgenbaus im Spätmittelalter. Ostansicht des Palas mit dem Wehrturm (KI Rekonstruktion)
Die Burg Angern um 1350: Architektur und Aufbau einer mittelalterlichen Wasserburg in der Altmark. Die Burg Angern, errichtet um 1341 unter Erzbischof Otto von Magdeburg, stellt ein herausragendes Beispiel für den Typus der mittelalterlichen Wasserburg in der Altmark dar. Inmitten eines künstlich angelegten Wassergrabens erhoben sich die Hauptburg auf einer nördlichen Insel sowie der Bergfried auf einer südlichen Nebeninsel. Die hier dargestellte Rekonstruktion basiert auf archäologischen Restbefunden, historischen Quellen (Rep. H Angern Nr. 79; Dorfchronik Angern) und Vergleichen mit zeitgenössischen Anlagen wie Kalbe (Milde), Beetzendorf und Salzwedel. Lageplan der Burg Angern mit Hauptburg, Turminsel und Vorburg um 1350
Die Burg Angern als exemplarische hochmittelalterliche Wasserburg in Norddeutschland. Die Burg Angern zählt zu den wenigen archäologisch und archivalisch gleichermaßen gut dokumentierten Beispielen hochmittelalterlicher Wasserburgen in der norddeutschen Tiefebene. Die um 1340 entstandene Anlage vereint in exemplarischer Weise militärische, wirtschaftliche und administrative Funktionen innerhalb eines klar gegliederten Burgsystems. Ihre topografische Konzeption – bestehend aus zwei künstlichen, bis heute erhaltenen Inseln inmitten eines umlaufenden Grabensystems – dokumentiert eindrucksvoll die strategischen und technischen Planungsprinzipien des Burgenbaus im mittleren 14. Jahrhundert. Zentrale Bestandteile der Gesamtanlage sind der massiv ausgeführte Wehrturm (Bergfried) auf der südlichen Insel, die Hauptburg mit dem zweigeschossigen Palas auf der nördlichen Insel sowie die südwestlich vorgelagerte Vorburg mit nachweislich wirtschaftlicher Funktion. Die bewusste funktionale Trennung von Verteidigungs- und Wirtschaftsbereich innerhalb eines geschlossen wasserumwehrten Areals folgt einem hochentwickelten, auf Autarkie und Resilienz im Belagerungsfall ausgerichteten Konzept. In ihrer baulichen Klarheit, der außergewöhnlich gut erhaltenen Geländestruktur und den dokumentierten Funktionszusammenhängen stellt die Burg Angern ein herausragendes Beispiel hochmittelalterlicher Burgplanung im Einflussbereich des Magdeburger Erzstifts dar. Ihre Erforschung bietet nicht nur neue Erkenntnisse zur Entwicklung des regionalen Niederungsburgenbaus, sondern auch zum administrativen und wehrarchitektonischen Selbstverständnis der adligen Grundherrschaft in der Altmark. Sie ist damit von überregionaler Bedeutung für die vergleichende Burgenarchäologie Mitteleuropas.
Die Vorburg der Burg Angern: Funktionsanalyse und historische Rekonstruktion unter der Annahme mittelalterlicher Vorgängermauern (ca. 1350). Die Vorburg der Burg Angern, wie sie auf einem barockzeitlichen Plan um 1760 dargestellt ist, weist eine markante rechteckige Struktur mit drei langgestreckten Wirtschaftsgebäuden und zwei freistehenden Bauten auf. Auf Grundlage architektonischer Analyse, funktionaler Einteilung sowie typologischer Vergleiche mit anderen mitteleuropäischen Burganlagen lässt sich begründet rekonstruieren, dass die barocken Gebäude auf der Struktur und dem Grundriss einer hochmittelalterlichen Vorburg basieren. Die folgenden Ausführungen widmen sich der Rekonstruktion dieser früheren Vorburg unter der Annahme eines Baubestandes aus der Zeit um 1350. Innenhof der Vorburg Angern mit Wirtschaftsgebäuden (KI-Rekonstruktion)
Die strategische Lage Angerns im Dreißigjährigen Krieg. Angern war zu Beginn des 17. Jahrhunderts Sitz eines ausgedehnten Lehngutes der Familie von der Schulenburg, gelegen an der Grenze zwischen dem Kurfürstentum Brandenburg und den geistlichen Territorien Halberstadt und Magdeburg. Die Burg war Teil eines befestigten Ensembles aus Hauptburg, Vorburg und Turminsel. Ihre Lage machte sie im Kontext konfessioneller Konflikte und durchziehender Heere zu einem militärisch sensiblen Ziel.
Angern

Angern, Sachsen-Anhalt, Landkreis Börde. Heft 20, Berlin 2023 (ISBN: 978-3-910447-06-6).
Alexander Graf von der Schulenburg, Klaus-Henning von Krosigk, Sibylle Badstübner-Gröger.
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft e.V.
Umfang: 36 Seiten, 59 Abbildungen.